Retortenbabys:Mehr Fehlbildungen nach künstlicher Befruchtung

Retortenbabys kommen häufiger mit Fehlbildungen zur Welt als natürlich gezeugte Babys. Doch das liegt weniger an der künstlichen Befruchtung im Labor als an den Eltern.

Christina Berndt

Als 1978 das erste Retortenbaby zur Welt kam, empfanden viele diese Art des Menschwerdens als unheimlich. Können so ganz normale und gesunde Kinder entstehen? Inzwischen sind weltweit Millionen Retortenbabys geboren, die sich nicht von anderen Babys unterscheiden.

Künstliche Befruchtung

Befruchtung einer Eizelle mit einer Injektionspipette. Retortenbabys zeigen etwas häufiger Fehlbildungen als natürlich gezeugte Kinder. Das liegt jedoch weniger an der Technik.

(Foto: dpa)

Doch die Sorge, dass die Zeugung im Kulturgefäß ungewollte Folgen hat, ist geblieben. Ihr sind Wissenschaftler der University of Adelaide nun in der umfassendsten Studie zum Thema nachgegangen (New England Journal of Medicine, online). Sie haben die Daten von 309.000 Babys ausgewertet, darunter 6100, die durch künstliche Befruchtung entstanden sind.

Demnach treten angeborene Fehlbildungen bei im Labor gezeugten Kindern zwar häufiger auf. Das scheint aber weniger an der Reproduktionstechnik zu liegen, sondern daran, dass die Eltern das erhöhte Risiko mitbringen.

Natürlicherweise kommen den neuen Daten zufolge 5,8 Prozent aller Babys mit einer Fehlbildung zur Welt - bei manchen ist der Ausgang der Harnröhre ein wenig verlegt, andere haben einen Herzfehler. Wenn künstliche Befruchtung im Spiel gewesen ist, steigt das Risiko für eine Fehlbildung auf 8,3 Prozent.

Es hängt allerdings von der Methode ab: Die In-vitro-Fertilisation (IVF), bei der Eizellen und Spermien im Kulturgefäß nur zusammengebracht werden, führt zu 7,2 Prozent Fehlbildungen; die ICSI-Methode, bei der ein Spermium in die Eizelle gespritzt wird, zu 9,9 Prozent.

"Die erhöhte Fehlbildungsrate ist allerdings keine direkte Folge der Kinderwunschbehandlung", betont Christian Thaler, Reproduktionsmediziner an der Uni München. Vielmehr bringen Paare, die eine künstliche Befruchtung benötigen, das erhöhte Fehlbildungsrisiko für ihren Nachwuchs häufig mit. Das zeigt sich, wenn solche Paare doch noch auf natürliche Weise Babys bekommen.

"Diese Kinder haben ebenfalls häufiger Fehlbildungen, obwohl sie ganz romantisch entstanden sind", sagt Thaler. In der australischen Studie lag die Fehlbildungsrate solcher Babys mit 8,3 Prozent ähnlich hoch wie die aller Kinder, denen die Fortpflanzungsmedizin das Leben geschenkt hat.

Das erhöhte Fehlbildungsrisiko, das sich nach künstlicher Befruchtung zeigt, scheint somit vor allem von den Paaren auszugehen. Womöglich hat es dieselben Ursachen wie der unerfüllte Kinderwunsch.

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