Nationale Plattform Elektromobilität:Wenn der Akku leer ist

Deutschland will zum Leitmarkt für Elektromobilität werden. Doch die Euphorie rund ums Elektroauto hat sich verflüchtigt. Sogar Experten im Auftrag der Bundesregierung beklagen: "Die Luft ist raus."

Michael Bauchmüller

BerlinAuf dem Papier wenigstens ist noch alles in Ordnung. Noch fährt das Elektroauto in Deutschland im Zeitplan, auf dem roten Pfeil namens "Marktvorbereitung". Erst von 2014 an ist der "Markthochlauf" dran, von 2017 an dann das Plan-Stadium "Massenmarkt". So steht das in den Plänen der "Nationalen Plattform Elektromobilität" - jenem Gremium, das seit zwei Jahren Industrie, Wissenschaft und Verbände an einen Tisch bringt, um das große Ziel zu erreichen: Eine Million Autos mit Elektroantrieb sollen in acht Jahren durch Deutschland fahren. Wenn das mal klappt.

Messe eCarTec in München, 2011

Solange es kein Tankstellennetz gibt, sind Käufer zurückhaltend. Solange das so bleibt, will aber kaum jemand in Auflade-Infrastrukturen investieren.

(Foto: Catherina Hess)

Im jüngsten Fortschrittsbericht, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, liest sich der Fortschritt noch recht bescheiden. Leuchttürme, Visionen, Initiativen - so richtig weit ist die Plattform seit ihrem zweiten Fortschrittsbericht vor einem Jahr noch nicht gekommen. Die anfängliche Euphorie rund um das E-Auto ist mittlerweile verflogen. Mehrmals trafen sich die Experten in den vergangenen Wochen, um den Bericht vorzubereiten, Mitte Juni soll er den zuständigen Ministern übergeben werden. Doch die Arbeiten gestalteten sich offenbar zäh. "Die Luft ist raus", heißt es übereinstimmend unter Teilnehmern. Schließlich gehe es derzeit weniger um Fortschritt als um Forschung, etwa in jenen vier Regionen, die kürzlich zu den "Schaufenstern Elektromobilität" gekürt wurden.

Entsprechend zurückhaltend bleibt auch der Entwurf für den neuesten Fortschrittsbericht. "Grundsätzlich" sei die Basis ja gelegt, damit Deutschland tatsächlich einmal "Leitanbieter" für E-Mobilität werde, heißt es in dem Bericht. Allerdings gibt es in dem Zirkel Zweifel, ob die Markteinführung gelingen kann, wenn die Bundesregierung nicht bald mehr Geld locker macht.

Eine Abweichung von den vorgeschlagenen Fördermaßnahmen oder deren Verzögerung könnte sich direkt in der Reduktion einer erreichbaren Absatzentwicklung in Deutschland niederschlagen", heißt es etwas verquast. Mit anderen Worten: Fließt das Geld nicht oder zu spät, gibt es auch die eine Million E-Autos nicht. Ursprünglich stand das so deutlich sogar in dem Bericht - bei einer Sitzung des Lenkungskreises am vorigen Freitag wurde die entsprechende Passage nach SZ-Informationen aber getilgt.

Im Kern geht es um die Frage, ob und wie die Bundesregierung Käufer zusätzlich locken soll. Just vor einem Jahr hatte sie dazu ein "Regierungsprogramm Elektromobilität" vorgelegt. Danach sollte die Steuerbefreiung für Elektroautos von fünf auf zehn Jahre erhöht werden, batteriebetriebene Dienstwagen sollten steuerlich den spritgetriebenen gleichgestellt werden. Die öffentliche Hand sollte mehr Elektroautos anschaffen, und das eine oder andere Privileg für E-Mobile, etwa spezielle Parkplätze, sollte auch Privatleute überzeugen. "Der Elektromobilität gehört die Zukunft", sagte Kanzlerin Angela Merkel seinerzeit. Geschehen ist davon allerdings bisher noch nicht viel.

Damit nicht genug, verzichtete der Bund auch auf Sonderabschreibungen oder KfW-Darlehen, wie sie die Experten vorgeschlagen hatten. Ein Verzicht, der nach Auffassung zumindest der Industrie die Markteinführung der Autos gefährden könnte. Das freilich ist auch in der Plattform umstritten, weswegen nun erst einmal Gutachter ran müssen. Sie sollen klären, welche Kosten ein Elektroauto letztendlich für den Besitzer verursacht - und inwieweit tatsächlich eine Unterstützung nötig wäre. Kaufprämien, wie es sie in anderen Ländern gibt, lehnt die Bundesregierung bisher ab. Weshalb die eigentliche Debatte darüber wohl auch erst 2014 losgeht, nach der Wahl. Dann erst will die Plattform ihren nächsten Bericht vorlegen. Genau zum Beginn von Phase "Markthochlauf".

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