Ifo-Geschäftsklimaindex:Stimmung in deutscher Wirtschaft verschlechtert sich

Erfasst die Krise in den südeuropäischen Staaten nun auch die bisher noch robuste Wirtschaft in Deutschland? Die Stimmung in den Unternehmen jedenfalls hat sich im Mai eingetrübt: Der Ifo-Geschäftsklimaindex, einer der wichtigsten Gradmesser für die Konjunktur, ging erstmals seit sechs Monaten deutlich zurück.

Optimismus trotz aller Unwägbarkeiten durch Euro- und Schuldenkrise - das war in den vergangenen Monaten die weit verbreitete Grundhaltung in der deutschen Wirtschaft.

Doch offenbar ist die Phase vorsichtiger Zuversicht jetzt an ihr Ende gekommen: Der Ifo-Geschäftsklimaindex, der wichtigste Gradmesser für die deutsche Konjunktur, ist im Mai von 109,9 Punkten im Vormonat auf nun 106,9 Punkte zurückgegangen, wie das Münchner Ifo-Institut mitteilte. Die befragten Unternehmen beurteilten sowohl ihre aktuelle Geschäftslage als auch ihre Aussichten für das nächste halbe Jahr weit ungünstiger.

Es ist der erste Dämpfer seit Monaten, zuvor war der Index sechs Mal in Serie gestiegen. Lange Zeit hat es so ausgesehen, als könne Deutschlands Wirtschaft seltsam unabhängig von den Problemen im Euroraum bestehen. Die Arbeitslosigkeit sank auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahrzehnten, die Industrie berichtete über eine gute Auftragslage, die Stimmung in Unternehmen war bis zuletzt optimistisch. Doch jetzt gibt es Anzeichen dafür, dass die Krise allmählich auch die größte Volkswirtschaft in Europa erfasst.

Das schlägt sich auch bei der Personalplanung nieder: "Die Beschäftigtenpläne sind erstmals seit Monaten mehrheitlich defensiv ausgerichtet", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Einzig für den Export würden weitere positive Impulse erwartet.

"Die deutsche Wirtschaft steht unter dem Eindruck der in letzter Zeit gestiegenen Unsicherheit im Euroraum", erklärte Sinn. Für die Erhebung befragt das Ifo-Institut monatlich etwa 7000 Firmen. Beobachter hatten den leichten Rückgang bereits erwartet. Sie hatten aber auch schon im April mit einem Minus gerechnet. Damals war der Index jedoch weiter gestiegen.

Das unerwartet kräftige Wachstum der deutschen Wirtschaft hatte dem Euroraum im ersten Quartal 2012 noch einen Rückfall in die Rezession erspart. Doch im Mai hat sich die Wirtschaftslage in den Ländern der Euro-Zone offenbar negativ entwickelt. Sowohl Industrie als auch Dienstleister verbuchten schwächere Geschäfte, wie aus den aktuellen Umfragen des Markit-Insituts hervorging.

Für die Industrie fiel das monatlich erhobene Barometer vorläufig auf 45,0 Punkte (45,9 Punkte im April), die Umfrage unter den Dienstleistern ergab einen Stand von 46,5 Zählern (46,9 Punkte im April). Erst ein Stand von mehr als 50 Punkten deutet auf Wachstum in dem jeweiligen Sektor hin. Der Abschwung in den Krisenstaaten der Peripherie droht auf Kernländer wie Deutschland überzugreifen.

Dazu passt, dass inzwischen auch die Nachrichten vom bisher so robusten deutschen Arbeitsmarkt nicht mehr so positiv klingen wie noch vor einigen Monaten. Der Jobaufschwung in Deutschland hat sich nach Experteneinschätzung im Mai weiter abgeschwächt. Die Zahl der Arbeitslosen sei in diesem Monat nur noch um rund 100.000 gesunken - und damit deutlich geringer als im Schnitt der vergangenen drei Jahre, berichten Volkswirte deutscher Großbanken in einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa.

Insgesamt gab es nach ihren Berechnungen im Mai 2,86 Millionen Jobsuchende. Das wären rund 100.000 weniger als vor einem Jahr. Die offiziellen Arbeitslosenzahlen wird die Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag kommender Woche bekanntgeben.

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