Neonazi-Mordserie:Beckstein sperrte sich gegen BKA-Ermittlungen

Er bezweifelt, ob 20 BKA-Beamte die Ermittlungen besser geführt hätten als 200 Landesbeamte: Bayerns Ex-Innenminister Beckstein wird zur Neonazi-Mordserie befragt und verteidigt die bayerischen Behörden. Der CSU-Politiker war 2006 dagegen, dass die bayerische Soko den Fall abgibt - das wäre ein schwerer fachlicher Fehler gewesen.

Der frühere bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) hat Vorwürfe zurückgewiesen, die Ermittlungsbehörden hätten nach der Mordserie an Migranten einen möglichen rechtsextremen Hintergrund nicht intensiv genug verfolgt.

Beckstein vor Neonazi Untersuchungsausschuss

Bayerns Ex-Innenminister Günther Beckstein vor dem Untersuchungsausschuss zur NSU in Berlin.

(Foto: dpa)

Es hätten sich auch nach intensiven Ermittlungen keine Hinweise auf eine fremdenfeindliche Tat ergeben, sagte Beckstein vor seiner Befragung im Bundestages-Untersuchungsausschuss am Donnerstag in Berlin. Es sei damals "ein Aufwand betrieben worden wie in keinem anderen Fall". Beckstein wird seit dem Nachmittag zur Neonazi-Mordserie befragt. Er ist der erste ehemals politisch Verantwortliche, der als Zeuge in dem Gremium auftritt.

Es seien Millionen von Daten ausgewertet worden, sagte der frühere Innenminister. "Aber es war die heiße Spur nicht dabei." Er habe den Ermittlungsbehörden daher "keine substanziellen Vorwürfe" zu machen. Die rechtsextreme Zelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) sei "höchst konspirativ" gewesen. Nicht einmal die Gesinnungsgenossen hätten etwas über die Taten gewusst. Nur deshalb habe die Angelegenheit so lange geheim bleiben können.

Beckstein hat sich im Jahr 2006 gegen eine Übergabe der Ermittlungen zur Neonazi-Mordserie an das BKA ausgesprochen. Es wäre ein schwerer fachlicher Fehler gewesen, die Ermittlungsführung zu dem Zeitpunkt von der bayerischen Sonderkommission "Bosporus" auf das Bundeskriminalamt zu übertragen, sagte er im Untersuchungsausschuss. "Ich hätte es im Jahr 2006, als die Ermittlungen äußerst heiß gelaufen waren, für einen schweren Fehler gehalten, im laufenden Galopp die Pferde zu wechseln." Diese Beurteilung hätten alle Länder geteilt. "Im übrigen hätte das BKA jederzeit übernehmen können, wenn es gewollt hätte", sagte der CSU-Politiker.

Und hätte das Bundesinnenministerium so eine Übertragung angeordnet, hätte er dies nicht verhindern können. Beckstein sagte, er bezweifele aber bis heute, ob 20 BKA-Beamte die Ermittlungen besser geführt hätten als insgesamt 200 Landesbeamte. Diese Frage sei damals aber nicht im Streit entschieden worden. Alle hätten sich schnell darauf geeinigt, dass die Federführung bei der bayerischen Soko bleibe und eine Ermittlungsgruppe beim BKA eingerichtet werden solle.

Beckstein hatte rechtsextremen Hintergund vermutet

Beckstein hatte im Jahr 2000 selbst den Verdacht geäußert, die Morde könnten einen rechtsextremen Hintergrund haben. An einem Zeitungsartikel zu einem der Fälle hatte er damals in einer handschriftlichen Notiz die Frage aufgeworfen, ob ein fremdenfeindliches Motiv vorliegen könne. Daraufhin sei sorgfältig ermittelt worden, allerdings ohne Ergebnis, sagte er. "Mit dem habe ich mich zufrieden gegeben."

Den Rechtsterroristen werden Morde an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin vorgeworfen. Fünf Morde wurden in Bayern begangen, weshalb das Verhalten der bayerischen Behörden und die Arbeit der bayerischen Soko "Bosporus" zunächst im Mittelpunkt des Ausschusses stehen.

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