Waffenmissbrauch und Waffenrecht:Die Macht der Sportschützen

Nur Glück und ein professioneller Polizeieinsatz verhinderten wohl in Memmingen den Amoklauf eines Schülers. Der Junge hatte offenbar Waffen seines Vaters an sich gebracht, eines Sportschützen. Doch obwohl der Missbrauch schwerer Waffen in Deutschland schon mehr Opfer gefordert hat als der Terror der RAF, scheuen sich Politiker, das Waffengesetz zu verschärfen.

Joachim Käppner

Gespenstischer als in dieser Woche lässt sich die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit des deutschen Waffenrechtes kaum zeigen. In Berlin hörte der Innenausschuss des Bundestages Experten an, die das vorbrachten, was die meisten Abgeordneten hören wollen: Lasst den Sportschützen ihre scharfen Waffen.

In Memmingen verhinderten wohl nur Glück und ein professioneller Polizeieinsatz einen weiteren Amoklauf eines Jugendlichen; der Junge hatte offensichtlich die Waffen des Vaters an sich gebracht, eines Sportschützen.

Deren Lobby aber ist mächtig. Bald zwei Millionen Menschen sind Schützen, ihre Vereine in Dörfern, Gemeinden und damit in Wahlkreisen verwurzelt. Weil das so ist, scheuen sich Politiker von Rot bis Schwarz, den Sportschützen wirklich ins Gehege zu kommen.

Stattdessen heißt es nach jedem Amoklauf treuherzig, Deutschland habe schon eines der härtesten Waffengesetze der Welt. Aber das ist ein Potemkinsches Dorf. Nicht einmal wirksamere Kontrollen lassen sich durchsetzen.

Es befinden sich viele Millionen Pistolen und Gewehre ganz legal im Privatbesitz der Sportschützen. Diese dürfen sich, unter begrenzten Auflagen, jede Menge Glocks und Smith&Wessons und dergleichen zulegen, obwohl sie ihren Sport durchaus auch ohne solch scharfes Schießgerät ausüben könnten.

Aber die schweren Waffen machen eben am meisten Spaß. Und Spaß muss sein, scheint die Lobby zu finden. Der Missbrauch solcher Waffen hat inzwischen allerdings mehr Opfer gefordert als der Terror der RAF. Und diese Opfer werden durch Beteuerungen nicht mehr lebendig, nur eine winzige Minderheit gehe unverantwortlich mit dem Schießgerät um.

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