Milliardenkosten beim Ausbau der Stromnetze:Masterplan für Merkel

Die Kanzlerin fürchtet um ihr Prestigeprojekt: Der Netzausbau lahmt und droht, die Energiewende zum Fiasko werden zu lassen. Die Betreiber übergeben Merkel nun einen Plan. Darin rechnen sie mit Kosten von etwa 20 Milliarden Euro.

Angela Merkel macht Druck: Der Kanzlerin geht der Ausbau der Stromnetze zu langsam. An ihm hängt ihr Prestigeprojekt, die Energiewende. Zusammen mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler und dem neuen Umweltminister Peter Altmaier besucht sie diesen Dienstag die Bundesnetzagentur in Bonn, bei der die Planung für den Netzausbau zusammenläuft.

Ergebnis des Chefbesuchs: Ein neuer Masterplan. Die vier Firmen, die Deutschlands Stromnetz betreiben (50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW) haben der Kanzlerin einen Netzentwicklungsplan für die nächsten zehn Jahre übergeben.

Details wollen die Netzbetreiber zwar erst am morgigen Mittwoch bekanntgeben, doch klar ist, dass dieser Plan es richten soll. Die ersten Rahmendaten wurden schon bekannt: Schwerpunkt seien leistungsstarke Nord-Süd-Leitungen, erklärten die Betreiber. So sollen die verbrauchsstarken und vom Ausstieg aus der Kernenergie besonders betroffenen Regionen im Südwesten mit dem windreichen Norden verbunden werden. Etwa 3800 zusätzliche Kilometer sollen realisiert werden. Das wird den Netzbetreibern zufolge etwa 20 Milliarden Euro kosten.

Wer wird den Netzausbau bezahlen? Eigentlich sind die Netzbetreiber dazu verpflichtet. Sie treiben jedoch das Geld per Umlage bei den Stromkunden wieder ein. Trotzdem fühlen sie sich unter Druck: Zuletzt klagte vor allem Tennet, Tochter des niederländischen Staates, über Finanzengpässe. Das Tennet-Netz zieht sich quer durch Deutschland, von der Nordsee nach Bayern. Kein anderer Netzbetreiber ist von den Ausbauplänen so betroffen wie dieses Unternehmen. In der Politik gibt es auch Überlegungen, ein neues deutsches Supernetz aufzubauen, das wie ein Bypass Norden und Süden verbinden könnte. Dies würde allerdings sehr teuer.

Der Ausbau kommt dem Bedarf seit Jahren kaum hinterher. Die neuen Stromleitungen brauchen Zeit, die Verfahren dauern im Schnitt zehn Jahre. Gegen den Bau neuer Trassen wehren sich oft betroffene Anwohner. Mehrmals schon hat der Bund versucht, mit Gesetzen den Bau der neuen Leitungen zu beschleunigen, parallel arbeitet auch die Europäische Union an einem Plan für das Stromnetz.

Merkel räumte am Pfingstwochenende ein, dass es gerade beim Bau der großen Überlandleitungen Probleme gebe. "Hier sind wir an vielen Projekten im Rückstand." Die Zeit dränge.

Manche Forscher sehen jedoch keinen Grund zu Alarmismus. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) prüfte kürzlich den Stand des Netzausbaus, immerhin sind mittlerweile gut 200 Kilometer neuer Leitungen gebaut. Die Bundesnetzagentur stellt den aktuellen Stand des Netzausbaus online. Die Experten vom DIW gaben nach ihrer Untersuchung Entwarnung (PDF-Datei). "Langsam, aber planmäßig" schreite der Ausbau voran, konstatierten die Wissenschaftler. "Panik aufgrund einer vermuteten Netzlücke ist daher unangebracht."

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