Bundespräsident spricht zur Umweltpolitik:Gauck warnt vor Planwirtschaft bei Energiewende

Zur Eröffnung der "Woche der Umwelt" hat sich Bundespräsident Gauck zur Energiewende geäußert. Sie werde keinesfalls durch "planwirtschaftliche Verordnungen" oder ein "Übermaß an Subventionen" gelingen. Zuspruch für Gaucks Ausführungen kommt aus der FDP.

Bundespräsident Joachim Gauck hat wegen der Milliardenausgaben für die Förderung erneuerbarer Energien davor gewarnt, die Energiewende per Planwirtschaft umzusetzen. "Es wird uns nicht gelingen, allein mit planwirtschaftlichen Verordnungen. Schon gar nicht mit einem Übermaß an Subventionen", sagte Gauck am Dienstag im Park von Schloss Bellevue zur Eröffnung der "Woche der Umwelt".

Woche der Umwelt im Bundespräsidialamt

Bundespräsident Joachim Gauck warnt davor, die Energiewende per Planwirtschaft umsetzen zu wollen.

(Foto: dpa)

FDP-Generalsekretär Patrick Döring lobte Gaucks Plädoyer für eine marktwirtschaftlich ausgerichtete Energiewende. "Joachim Gauck formuliert die Herausforderungen der Energiewende sehr präzise", sagte Döring. Mit Blick auf den Ausbau der erneuerbaren Energien forderte der FDP-Politiker zugleich eine Überprüfung der Fördermechanismen.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sprach sich in Anbetracht der drohenden Strompreiserhöhungen für eine Reform der Ökostromförderung aus. Deren Kosten zahlen die Bürger per Umlage über den Strompreis. "Da müssen wir uns tief in die Augen gucken: Wollen wir das bezahlen oder wollen wir das eine oder andere im System ändern", sagte Rösler am Dienstag bei einer Veranstaltung zu "Ein Jahr Energiewende" in seinem Berliner Ministerium.

"Bisher ist das ein reines Subventionsgesetz", sagte Rösler in Hinblick auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Der Einspeisevorrang für Ökostrom führe zudem dazu, dass bei viel Wind und Sonne konventionelle Kraftwerke heruntergefahren werden müssten und sich Investitionen in neue Gas- und Kohlekraftwerke daher derzeit kaum rechneten. Allein 2011 zahlten Bürger und Unternehmen rund 13 Milliarden Euro an EEG-Umlage.

Gauck fordert freien Wettberwerb

Wegen unterschiedlicher Effekte - etwa mehr Wind- und Sonnenstrom, Ausnahmen für energieeintensive Betriebe und steigende Netzengelte - könnte die Energiewende den Strompreis deutlich steigen lassen. Der südwestdeutsche Energiekonzern EnBW erhöht zum 1. August seine Strompreise im Durchschnitt um mehr als zwei Prozent. Besonders aber Anfang 2013 droht eine Erhöhungswelle auf breiter Front. Im Oktober wird die neue EEG-Umlage für das nächste Jahr bekanntgegeben.

Bundespräsident Gauck betonte, es gebe keinen besseren Nährboden für Problemlösungen als eine Gesellschaft mit offenen Märkten und freiem Wettbewerb. Es sei dringlich, einen verlässlichen politischen Rahmen zu setzen und zwar so, dass Schädliches vermieden und Gewünschtes erreicht werde.

SPD kritisiert Röslers Vorstoß

Wie sein Parteikollege Döring forderte auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine Reform des Fördersystems und mehr Wettbewerb auch für die erneuerbaren Energien. "Das Erneuerbare-Energien-Gesetz war gut gemeint. Wenn es weiter so läuft, schadet es unserem Land. Es führt zur Überförderung, lähmt Innovationen, treibt Kosten, riskiert die Versorgungssicherheit und gefährdet die Energiewende." Als Alternative biete sich ein marktwirtschaftliches Mengenmodell an, das die Energieversorger verpflichte, einen bestimmten Anteil ihres Stroms aus erneuerbaren Quellen zu liefern, betonte Brüderle.

Rösler kritisierte: "Aus meiner Sicht fehlt in der energiepolitischen Debatte ein Stück weit Ehrlichkeit." So sei die eine Hälfte der Wahrheit, dass mehr Solar- und Windstrom die Strombörsenpreise dämpfe. Dadurch steige aber andererseits die von allen Bürgern über den Strompreis zu zahlende Umlage. Denn bezahlt werden muss die Differenz zwischen dem für den Strom erzielten Preis und dem auf 20 Jahre festgelegten festen Vergütungssatz pro Kilowattstunde.

Rösler sieht Fortschritte bei der Energiewende

Die Bundesregierung hatte genau vor einem Jahr, am 6. Juni 2011, die Stilllegung von acht Atommeilern, die stufenweise Abschaltung der neun restlichen Reaktoren bis zum Jahr 2022 und einen forcierten Ausbau von Stromnetzen und erneuerbaren Energien beschlossen. "Für die Größe der Aufgabe sind wir ein gutes Stück vorangekommen", sagte Rösler. Das Projekt dürfe aber nicht zu einer Planwirtschaft ausarten.

Der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) betonte am Dienstag, die unterschiedlichen Energiekonzepte von Bund und Ländern müssten unter einen Hut gebracht werden. Mit Rösler wolle er gut zusammenarbeiten: "Wir haben entschieden, uns zu mögen", sagte Altmaier.

Aus der SPD kam scharfe Kritik an Röslers und Brüderles Vorstoß für eine Reform des EEG, das erst zu Beginn 2012 reformiert worden war. "Es ist eine zwischen Kräften aus Wirtschaft und schwarz-gelber Koalition abgestimmte Attacke gegen die erneuerbaren Energien, um von den Versäumnissen in der Energiepolitik und den Geschäftsinteressen der Energiekonzerne abzulenken", sagte Fraktionsvize Ulrich Kelber. "Um mehr als zwei Milliarden Euro hat Schwarz-Gelb durch zusätzliche Privilegien für Großverbraucher und die unsinnige Marktprämie die Kosten für erneuerbare Energien für die Stromkunden verteuert, ohne dadurch eine einzige Kilowattstunde zu gewinnen", kritisierte Kelber.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: