Parlamentswahl in Frankreich:Stimmungstest für Hollande

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Frankreich wählt eine neue Nationalversammlung. Für Präsident François Hollande geht es um viel: Will er ohne große Widerstände regieren, braucht er eine Mehrheit in der ersten Parlamentskammer. Für die Bürger ist es der dritte Urnengang innerhalb weniger Wochen - die Beteiligung ist gering.

Stefan Ulrich, Paris

Der französische Präsident François Hollande hat sich am Sonntag einem ersten Wählertest stellen müssen. 46 Millionen Franzosen waren aufgerufen, eine neue Nationalversammlung zu bestimmen. Hollande hoffte, seine Sozialistische Partei werde die absolute Mehrheit der 577 Sitze erringen und so die konservative UMP-Partei von der Macht im Abgeordnetenhaus verdrängen.

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Als wahrscheinlich galt jedoch, dass die Sozialisten auf eine Regierungskoalition mit den Grünen und womöglich auch mit der radikalen Linksfront angewiesen sein werden. Die endgültige Entscheidung fällt kommenden Sonntag, wenn es in vielen Wahlkreisen Stichwahlen stattfinden.

Die Wahllokale schlossen in den Großstädten erst um 20 Uhr. Gegen Mittag lag die Beteiligung bei nur 21 Prozent. Hollande gab seine Stimme in seiner zentralfranzösischen Hochburg Tulle ab. Sein Vorgänger als Präsident, Nicolas Sarkozy, ging in Paris zum Wählen. Sarkozys Partei hoffte, dass sich ihre Verluste in Grenzen halten werden. Mit Spannung wurde in Frankreich erwartet, wie der rechtsextreme Front National abschneiden würde. Der Front ist seit langem nicht im Parlament vertreten, könnte aber diesmal einige Sitze erringen.

Auch für Hollandes sozialistischen Premier Jean-Marc Ayrault ging es bei der Wahl um viel. Er braucht eine Mehrheit in der Nationalversammlung, um weiterregieren zu können. Zudem kandidierten viele seiner Minister für einen Abgeordnetensitz. Ayrault hatte angekündigt, wer bei der Wahl durchfalle, müsse seinen Ministerposten räumen.

Hollande und seine Sozialisten wollen im Fall eines Sieges bei der Parlamentswahl Steuerschlupflöcher schließen, Jahreseinkommen von mehr als einer Million mit 75 Prozent besteuern, Tausende Lehrer einstellen, sogenannte Zukunftsjobs für die Jungen schaffen und das Atomkraftwerk Fessenheim an der Grenze zu Deutschland stilllegen. Der Präsident verspricht, Frankreich werde bis 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Ein Wahlerfolg könnte ihm zudem für seine Auseinandersetzung mit Kanzlerin Angela Merkel über die Euro-Rettungspolitik stärken.

© SZ vom 11.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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