Neonazi-Aufmarsch:Unverständnis über Nazidemo-Urteil

Neonazis dürfen nun doch durch München marschieren. Das Verbot des "Heldengedenkmarsches" wurde aufgehoben. Ude ruft zu Gegendemos auf.

Jan Bielicki

Oberbürgermeister Christian Ude hat die Münchner dazu aufgerufen, am heutigen Samstag gegen einen Aufmarsch von Neonazis in der Innenstadt zu demonstrieren. Mit seinem Aufruf reagierte der OB auf einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH), der den rechtsextremen "Freien Nationalisten München" eine als "Heldengedenkmarsch" angemeldete Demonstration erlaubte. Damit hob das Gericht wie schon vor einem Jahr ein Verbot auf, mit dem die Stadt den Marsch der Rechtsextremisten untersagt hatte.

Neonazi-Aufmarsch: Der Verwaltungsgerichtshof hat das Verbot des "Heldengedenkmarsches" aufgehoben und stößt mit seiner Entscheidung auf Empörung und Unverständnis.

Der Verwaltungsgerichtshof hat das Verbot des "Heldengedenkmarsches" aufgehoben und stößt mit seiner Entscheidung auf Empörung und Unverständnis.

(Foto: Foto: Catherina Hess)

Der Gerichtshof wollte, anders als das Verwaltungsgericht in erster Instanz, den Argumenten der Stadt nicht folgen. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) sieht in dem von dem vorbestraften Neonazi Philipp Hasselbach angemeldeten Zug eine "eine Re-Inszenierung des nationalsozialistischen Feiertags ,Heldengedenktag". Damit verfolge der Veranstalter allein "den Zweck, nationalsozialistisches Gedankengut zu verbreiten". Auch das erstinstanzliche Gericht betonte "den nationalsozialistischen Charakter" des Aufmarsches.

VGH- Entscheidung stößt auf "Unverständnis und Kopfschütteln"

Der VGH teilte nun zwar "die Auffassung, dass die Versammlung sich an die Heldengedenkfeiern des nationalsozialistischen Regimes anlehnt". Er wollte jedoch "keine hinreichend tragfähigen Tatsachen" für die Annahme erkennen, dass die Versammlung "dazu dienen soll, Menschenrechtsverletzungen legitimierende nationalsozialistische Ideologie zu verbreiten". Auch könne "die mit der Versammlung beabsichtigte rechtsextreme nationalistische Meinungsäußerung, dass alle gefallenen deutschen Soldaten Helden gewesen wären, keine Gefahr einer Beeinträchtigung der Würde der Opfer begründen".

OB Ude bezeichnete den Beschluss des VGH als "enttäuschend und deprimierend". Auch Horst Reif, den Stadtdirektor im KVR, lässt die Aufhebung des Marschverbots "ratlos" zurück: "Langsam weiß ich nicht, welche Beweise wir noch vorlegen müssen, damit ein Verbot trägt", sagte Reif der SZ. Die Stadt habe dem Gericht in diesem Jahr "wesentlich mehr Material" als noch vor einem Jahr vorgelegt, das belege, dass die Rechtsextremisten mit ihrem Marsch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft verherrlichen wollten. Leider könne er "kein bisschen erkennen", dass das neue bayerische Versammlungsrecht derartige Neonazi-Propaganda unterbinde, sagte Reif.

Aufrufe zur Teilnahme an Gegendemonstrationen am Marienplatz und im Westend

Auch im Rathaus stieß die VGH-Entscheidung auf "Unverständnis und Kopfschütteln", wie der SPD-Fraktionschef Alexander Reissl erklärte. Der grüne Fraktionschef Siegfried Benker rief dazu auf, "gegen diese unsägliche Verhöhnung der Opfer zu demonstrieren". Die Gegenkundgebung, vom "Münchner Bündnis gegen Nazi-Aufmärsche" angemeldet, beginnt am heutigen Samstag um 11 Uhr auf dem Marienplatz. Anschließend will sich ein Demonstrationszug in Richtung Goetheplatz in Bewegung setzen.

Ein zweiter, von linken Kräften angemeldeter Zug will um 10.30 Uhr im Westend starten. Die Neonazis wollen um 13.30 Uhr auf dem Goetheplatz ihren Marsch beginnen, der sie über Bayerstraße, Stachus und Altstadtring zum Marienplatz führen soll. Wie viele Rechtsextreme kommen, ist unklar - am selben Tag wollen Neonazis auch im oberfränkischen Wunsiedel aufmarschieren. Die Polizei wird rund 1000 Beamte einsetzen, um Rechtsextremisten und Gegendemonstranten voneinander fernzuhalten.

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