Folgen der Wahl in Griechenland:Angst vor dem Bankensturm

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Nach der Wahl droht das Finanzchaos: Sparer in vielen südeuropäischen Staaten könnten aus Furcht vor einem Kollaps der Euro-Zone die Geldautomaten stürmen. Schon jetzt existieren Notpläne für den Fall, dass es nach dem Votum der Griechen zum Aufruhr kommt.

Markus Zydra, Harald Freiberger und Claus Hulverscheidt

Die Vorstände der Hypo-Vereinsbank werden am Sonntagabend nicht nur das EM-Spiel Deutschland gegen Dänemark verfolgen, sondern auch die Parlamentswahl in Griechenland - und zwar gemeinsam. Nach den Worten von Bankchef Theodor Weimar gilt es, Vorkehrungen zu treffen für den "Fall der Fälle", dass es auf einen Austritt Griechenlands aus dem Euro-Raum hinauslaufen könnte. "Schließlich wollen wir nicht die Letzten sein, die noch Euros nach Griechenland überweisen", sagte Weimer.

Die ganze Finanzwelt fürchtet das Votum der Griechen. Sparer in vielen südeuropäischen Staaten könnten am Montag aus Furcht vor einem Kollaps der Euro-Zone ihr Geld abheben. Die Institute haben aber nur einen Bruchteil der Ersparnisse vorrätig; der Rest ist als Kreditforderung im Umlauf oder in Wertpapieren gebunden.

Um einem Bankenansturm gewachsen zu sein, wird die Europäische Zentralbank (EZB) die Schleusen öffnen, wie EZB-Präsident Mario Draghi versichert. Niemand will ausschließen, dass der globale Kapitalverkehr ins Stocken gerät und der Interbankenmarkt einfriert wie 2008, als die US-Investmentbank Lehman Brothers bankrott ging. Eine gemeinsame Erklärung aller großen Notenbanken, in der die Bereitschaft zur unbegrenzten Geldbereitstellung signalisiert wird, könnte da erste Hilfe leisten.

Erst wenn das Wahlergebnis bekannt ist, wird der EZB-Rat einen Beschluss fassen. Die Diskussionen könnten hitzig werden, denn die Bundesbank lehnt EZB-Hilfen ab, die über das Mandat der Notenbank hinausgehen würden. Einige Mitglieder im EZB-Rat sehen das weniger streng, sie können sich vorstellen, dass die EZB ihre Anleihekäufe wiederaufnimmt.

Kreditinstitute geschlossen, Geldautomaten gesperrt

Die EZB bespricht sich nach den Wahlen mit den Notenbankern anderer Staaten, etwa der amerikanischen Federal Reserve; zu den Gesprächen werden sich auch die Finanzminister der Euro-Zone und der G-7-Staaten zuschalten, um Entscheidungen zu treffen - je nach Ernst der Lage noch bevor die Finanzmärkte am Montagmorgen öffnen.

Sollten die Griechen am Montag die Banken stürmen, wollen EU-Kommission und die EZB noch am gleichen Tag ein Expertenteam nach Athen entsenden. Offiziell würde die Mission als "technische Hilfe" deklariert, treffender wäre die Beschreibung, dass die Fachleute die Führung der griechischen Zentralbank vorübergehend übernähmen.

In einem ersten Schritt würden alle Kreditinstitute geschlossen und alle Geldautomaten abgestellt. Auch Überweisungen wären nicht mehr möglich. Sollte sich die Lage nach zwei, drei Tagen beruhigt haben, würden die Geldautomaten wieder in Betrieb genommen. Allerdings dürfte jeder Bürger pro Tag nur eine kleine Summe, etwa 100 Euro, abheben, um Lebensmittel und andere Vorräte kaufen zu können. Ihre Konten leer räumen könnten die Menschen nicht.

Damit die Griechen größere Anschaffungen tätigen oder ihre Miete bezahlen können, würden nach einigen weiteren Tagen auch Inlandsüberweisungen wieder zugelassen. Auch sie blieben aber in der Höhe begrenzt. Überweisungen ins Ausland blieben bis auf Weiteres untersagt.

© SZ vom 16.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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