Formel-1-Affäre gefährdet Daimler-Engagement:Clash der Unternehmenskulturen

"Wir machen keine Geschäfte mit Straftätern": Die Daimler-Unternehmensspitze droht bei einer Verurteilung des wegen Bestechung verdächtigen Rennbosses Bernie Ecclestone mit dem Ausstieg aus dem Motorsport.

Thomas Fromm, Max Hägler und Klaus Ott

In den Chefetagen von Daimler haben einige Herren aufgeatmet nach dem jüngsten Rennen in der Formel 1 im spanischen Valencia. Michael Schumacher ist mit seinem Rennwagen der Marke Mercedes endlich wieder mal im Ziel angekommen und hat es sogar auf das Siegertreppchen geschafft. Ein dritter Platz, das lässt sich sehen. Zumal der zweite Pilot, Nico Rosberg, in dieser Saison öfters vorne dabei ist. In den vergangenen Jahren hatte man am Stammsitz von Daimler in Stuttgart intern schon das eine oder andere Mal diskutiert, ab wann es denn schädlich für das eigene Image sei, wenn der einstige Weltmeister Schumacher andauernd im Silberpfeil hinterherfahre.

Formel 1 Grand Prix von Europa

Sportlich gesehen gebe es keinen Anlass zum Ausstieg, versichert die Daimler-Konzernspitze - immerhin hat es zuletzt beim Rennen in Valencia selbst Michael Schumacher auf den dritten Platz geschafft. 

(Foto: dapd)

Sportlich gesehen, so wird in der Konzernspitze nun versichert, habe man keinen Anlass zum Ausstieg aus dem Motorsportspektakel. Aber vielleicht gibt es bald einen ganz anderen Grund: Die Formel-1-Affäre, die deutsche Staatsanwälte und Richter beschäftigt. Viele Millionen Dollar hat Rennchef Bernie Ecclestone vor Jahren heimlich an einen damaligen Spitzenbanker gezahlt. Dessen Geldinstitut war Anteilseigner der Formel 1 und attackierte den Briten Ecclestone heftig. Womöglich waren die Dollars Bestechungsgeld, mit dem Ecclestone die verfahrene Lage befrieden wollte.

Vergangene Woche gestand der Banker vor Gericht jedenfalls, von Ecclestone geschmiert worden zu sein. Der Brite bestreitet das; sollte er allerdings dennoch wegen Bestechung angeklagt und gar bestraft werden, hätte das Auswirkungen auf das Formel-1-Engagement: Entweder der Brite ziehe sich dann aus der Formel 1 zurück, oder Daimler beende das Formel-1-Fahren, heißt es aus dem Konzern. "Wir machen keine Geschäfte mit Straftätern", sagt einer vorbeugend aus der Unternehmensspitze. Das passe nicht zur neuen Unternehmenskultur bei Daimler.

Ähnlich sieht man es auch bei anderen Beteiligten, die kein Interesse daran haben, dass Ecclestones Probleme die Formel 1 überschatten. "Ecclestone dominiert zwar die Formel 1, aber er ist nicht ihr Eigentümer", sagt ein Insider. Wenn es juristisch eng werde, müssten die Eigentümer zusehen, dass sie Ecclestone absetzten an der Spitze. Der Eigentümer, das ist die Gesellschaft Formula One. Und damit Investoren rund um die Investmentfirma CVC Capital Partners. Auf die dürfte nun der Druck wachsen, das Problem zu lösen, um die Zukunft des Rennzirkus nicht zu gefährden.

Viel Geld - für viel Werbewirkung

Daimler hat nach einer Korruptionsaffäre, bei der Schmiergeldzahlungen in mehr als 20 Ländern aufgeflogen waren, aufgeräumt und sich strenge Vorschriften auferlegt. Eine ehemalige Bundesverfassungsrichterin kontrolliert das Ganze. "Daimler duldet keine unmoralischen oder korrupten Praktiken durch Mitarbeiter oder seitens der Geschäftspartner", lautet eine der Regeln.

Lewis Hamilton

Mehr als 50 Millionen Euro steckt der Daimler-Konzern in seine 60-Prozent-Beteiligung am Rennteam. Anders als BMW halten die Stuttgarter weiter an ihrem Engagement fest.

(Foto: Waldrin Xhemaj)

Derzeit ist Ecclestone kein direkter Geschäftspartner, aber als Rennchef ist Ecclestone die wichtigste Adresse für Mercedes, wenn es um das Unternehmen Formel 1 geht. Und derzeit verhandelt das Team mit Ecclestone darüber, wie hoch der künftige Anteil von Mercedes an den Milliardenerlösen der Motorsportserie sein soll. Andere Teams wie Ferrari haben sich bereits mit dem beinahe allmächtigen Rennboss geeinigt, das Mercedes-Team aber noch nicht.

In Stuttgart hat es in den vergangenen Jahren immer wieder Zweifel gegeben, ob der Konzern in der Formel 1 verbleiben solle. Über 50 Millionen Euro steckt der Konzern in seine 60-Prozent-Beteiligung am Rennteam. Viel Geld - aber auch viel Werbewirkung. Deswegen hielten die Stuttgarter bislang an der Formel 1 fest - anders als etwa BMW. Doch nun könnte sich die Einschätzung eben wieder ändern.

Genau wird beobachtet, wie sich die Dinge in München entwickeln, wo die Staatsanwaltschaft gegen Ecclestone ermittelt. Auf das Ergebnis sind auch die anderen Konzerne aus der ganzen Welt gespannt, die in der Formel 1 dabei sind.

Ein potenzieller Nachfolger an der Spitze ist offenbar schon ausgemacht: Es könnte der frühere Nestlé-Manager Peter Brabeck-Letmathe sein. Ihm traut man zu, die Formel 1 an die Börse zu bringen. Denn: Börsianer bevorzugen am Ende saubere Geschäfte.

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