Ökologischer Raubbau:Ein Stück Regenwald in der Pizza

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Viele Lebensmittel enthalten Palmöl, für das riesige Regenwaldflächen gerodet werden. Nur wenige Unternehmen hindert das an der Verarbeitung.

Silvia Liebrich

Das Bild ist jämmerlich: Verschreckt sitzt ein Orang-Utan, sein Junges fest im Arm, auf einem einsamen Baumriesen. Dort, wo vor kurzem noch Regenwald stand, macht sich eine trostlose gerodete Fläche breit.

Riesige braune Ödflächen auf Sumatra, wo einst üppiger Tropenwald wuchs. Auf Sumatra wird der Torfmoorwald rücksichtslos abgeholzt, um dort anschließend lukrative Ölpalmen anzupflanzen. (Foto: Foto: dpa)

Mit diesem Werbespot kämpft die Umweltstiftung WWF gegen die Abholzung der letzten Tropenwälder Indonesiens und Malaysias. Auf der Fläche könnte schon bald eine neue Palmöl-Plantage entstehen, nur eine unter vielen in den vergangenen Jahren.

Für die meisten Zuschauer sind dies Bilder aus einer fernen Welt, die sie allenfalls aus dem Fernsehen kennen. Asien liegt weit weg. Dies gilt jedoch keinesfalls für Palmöl, das dort in immer größeren Mengen erzeugt wird.

"Vernichtung der letzten Regenwälder"

Europa ist einer der Hauptabsatzmärkte für den Rohstoff, der inzwischen in jedem deutschen Haushalt zu finden ist - als Zutat in Pizza, Margarine, Schokolade, Shampoo, Hautcreme oder Waschmittel. Die Hälfte aller Lebensmittel, die im Supermarkt verkauft werden, enthalten nach Angaben des WWF Palmöl. Ein wachsender Anteil landet zudem als Biosprit in den Autotanks.

Alarmierend ist dabei aus Sicht der Umweltstiftung, dass die meisten Abnehmer in Europa keinen Wert auf zertifiziertes Palmöl aus nachhaltigem Anbau legen. Und dies, obwohl inzwischen größere Mengen auf dem Weltmarkt verfügbar wären, zu einem Preis, der um etwa fünf Prozent über dem Marktdurchschnitt liegt.

"Damit tragen die Verarbeiter zur Vernichtung der letzten Regenwälder bei", sagte Agrarexpertin Martina Fleckenstein. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace geht davon aus, dass allein in Indonesien jede Minute Urwaldfläche in der Größe von ungefähr fünf Fußballfeldern zerstört wird.

Henkel gehört zu den Vorreitern

Eine am Dienstag veröffentlichte Untersuchung des WWF zeigt, dass nur zehn der 60 größten verarbeitenden Händler und Hersteller in Europa Palmöl aus kontrolliertem Anbau verwenden.

Darunter finden sich vor allem britische Großhändler und Konsumgüterproduzenten wie Sainsbury, Marks & Spencer, Unilever, The Body Shop und Cadbury. Zu der Gruppe zählen auch der französische Kosmetikhersteller L'Oréal und die Schweizer Konzerne Migros und Coop.

Als einer der wenigen deutschen Konzerne landete der Haushaltswarenhersteller Henkel auf Rang zwölf. Das Unternehmen zählt zu den Vorreitern auf diesem Gebiet und unterstützt seit einigen Jahren den umweltschonenden Anbau. "Unsere Vision ist, dass in Zukunft das gesamte Palmöl und Palmkernöl aus nachhaltiger Produktion kommt", sagte eine Firmensprecherin.

Rewe und Edeka setzen auf Ersatz

Rewe und Edeka nutzen derzeit kein zertifiziertes Palmöl, sondern setzen verstärkt auf Ersatz wie etwa Sonnenblumenöl, was WWF-Expertin Fleckenstein grundsätzlich begrüßt. Zugleich kritisierte sie, dass bei vielen Firmen bislang kein Problembewusstsein vorhanden sei. So hätten Aldi, Metro und zehn weitere Firmen auf die Anfrage des WWF erst gar nicht reagiert.

Den großen Erzeugerländern wie Indonesien und Malaysia beschert das Geschäft mit dem Rohstoff jedes Jahr Milliardeneinnahmen. 2008 wurden weltweit 40 Millionen Tonnen Palmöl produziert. Es ist damit das meistverkaufte Öl der Welt, noch vor Soja- und anderen Pflanzenölen.

Einige der größten Palmöl-Produzenten, Händler und Käufer gründeten vor einigen Jahren den Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO). Ziel ist es, den Anbau zu kontrollieren und Urwälder zu schützen. Sie sind deshalb besonders gefährdet, weil Ölpalmen nur in tropischen Regionen gedeihen.

© SZ vom 29.10.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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