Handel mit Edelmetallen:Steuertricks der "Goldfinger"

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Sie handeln mit Gold und tricksen das Finanzamt aus: Mit Geschäften im Ausland gelingt es Anlegern, ihr Vermögen zu schonen. Dem Fiskus entgehen so jährlich 300 Millionen Euro. Jetzt sollen Experten des Finanzministeriums radikal gegen den cleveren Steuertrick vorgehen.

Guido Bohsem

Die Geschichte hat alles, was ein Wirtschaftskrimi braucht. Ausländische Tarnfirmen, Gold, Steuertricks, millionenschwere Transaktionen, reiche Anleger und ein florierendes Geschäft. Mit radikalen Mitteln will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) jetzt gegen ein legales Steuerschlupfloch vorgehen, das seinen Steuerexperten schon seit längerem großes Kopfzerbrechen bereitet.

Ein Hauch von Gold, ganz künstlerisch: Ein Modell wirbt für eine Londoner James-Bond-Ausstellung. (Foto: AP)

300 Millionen Euro verliert der Fiskus nach Berechnungen der Bundesländer durch den cleveren Trick in jedem Jahr, Tendenz steigend. Geld, das in den Ausbau von Kita-Plätzen fließen könnte. Im Finanzausschuss kündigten Schäubles Experten nun an, wie sie den Steuervermeidern das Geschäft vermiesen wollen.

Seit etwa drei Jahren registrieren die Finanzämter immer häufiger ein neues Anlagemodell für Steuersparer, das einen besonderen Reiz für Spitzenverdiener hat. In Expertenkreisen tragen diese Steuervermeider bereits einen Spitznamen. Sie werden "Goldfinger" genannt.

Die "Goldfinger" gründen in einem anderen Land der europäischen Union eine Personengesellschaft. Diese Firma hat nur einen einzigen Zweck. Sie kauft und verkauft Gold und alleine dadurch können die Inhaber der Firma die Steuerlast in Deutschland deutlich senken.

Das geht so: Im ersten Jahr kauft die Firma im großen Stil Gold für das sogenannte Umlaufvermögen ein. Auf diese Art und Weise verbucht, beschert das Gold dem Unternehmen und seinem Inhaber tiefrote Zahlen im Ausland. Diese Verluste kann er bei seiner Steuererklärung in der Bundesrepublik geltend machen. Das Goldgeschäft senkt also die Steuern, die er auf seinen Verdienst, seine sonstigen Zinserträge und Einnahmen zahlen muss. Hauptsächlich wird die Methode angewandt, um die Besteuerung von Sondereinkünften zu neutralisieren, Gewinne aus Anteilsverkäufen zum Beispiel oder hohe Abfindungszahlungen. Nach Einschätzung der Finanzexperten der Länder schaffen es die Anleger, die Steuerlast auf null zu senken.

Schon das alleine hört sich profitabel an. Doch das ist erst der Anfang des Tricks. Denn - kaum zu glauben - auch der Verkauf des Goldes bringt steuerliche Vorteile. Der Verkauf des Edelmetalls aus dem Umlaufvermögen beschert der ausländischen Personengesellschaft einen Gewinn. Dieser Gewinn wird aber nicht auf die sonstigen Einnahmen angerechnet . Die Gewinne aus der ausländischen Personengesellschaft unterliegen lediglich dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Das heißt, die zusätzlichen Einnahmen bewirken lediglich, dass der Steuersatz steigt.

Ein Beispiel - ein kinderloser Alleinstehender zahlt auf sein Einkommen von 60.000 Euro im Jahr einen durchschnittlichen Steuersatz von 29,9 Prozent. Bei einem zusätzlichen Einkommen mit Progressionsvorbehalt von 20.000 Euro steigt der Satz auf 33,5 Prozent. Er ist aber nicht auf 80.000 Euro zu zahlen, sondern lediglich auf die ursprünglichen 60.000 Euro. Die Steuererleichterung beträgt 6700 Euro.

Auf den Steuertrick übertragen, ist eine solche Ersparnis harmlos. Die Summen sind viel höher. Denn zwei Faktoren kommen hinzu. Zum einen ist der Goldpreis aufgrund der europäischen Finanzkrise stetig gestiegen. Das heißt, die ausländischen Gesellschaften haben das Gold in der Regel teurer verkauft, als sie es erworben haben.

Zum Zweiten wirkt sich der Steuertrick für Spitzenverdiener besonders günstig aus. Verdienen die "Goldfinger" als Alleinstehender deutlich über 250.000 Euro im Jahr, liegt ihr durchschnittlicher Steuersatz nahe am höchstmöglichen Wert. Das heißt, der Progressionsvorbehalt steigert in diesem Fall die durchschnittliche Steuerbelastung allenfalls marginal.

Bislang sind die Finanzbehörden daran gescheitert, das Schlupfloch der "Goldfinger" zu schließen. Zunächst hatten die Finanzbehörden das Vorgehen als Steuersparmodell verboten, was Erfolg versprach. Doch im Oktober 2010 untersagte das hessische Finanzgericht dieses Vorgehen. Die Richter argumentierten, dass es sich nicht um ein breit angelegtes Steuersparmodell handele, sondern um individuelles Handeln. Das Vorgehen könne daher nicht pauschal untersagt werden.

Im Finanzausschuss präsentierten Schäubles Experten nun einen weiteren Ansatz, um das Treiben der Steuervermeider zu unterbinden. Auf Anfrage der Linken-Finanzexpertin Barbara Höll teilte das Ministerium mit, dass es bei dieser Anlageform künftig eine Rückverrechnung gibt. Der Steuersparer kann seine Verluste wie bislang geltend machen. Verkauft er das Gold aber nach einem, zwei oder drei Jahren wieder, wird dieser Gewinn in das Jahr des ursprünglichen Verlustes zurückgetragen, mithin dort verrechnet. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll nun folgen. Einen Nachteil hat das Vorhaben. Die Zinsgewinne, so der Berliner Steuerprofessor Frank Hechtner, werden weiter nicht besteuert.

© SZ vom 09.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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