Szene München:Nachts, wenn Schlucki kommt

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Wenn es zur Geisterstunde in den U-Bahnhöfen heftig rumpelt, dann ist Schlucki im Anmarsch. Das Monster von der MVG, das Müll und anderen Unrat aufsaugt. Den einen schreckt es aus dem Schlaf, den anderen ärgert's, weil er Schlucki öfter sieht als die U-Bahn. Das wollen die Grünen ändern. Doch will das überhaupt jemand?

Florian Fuchs

Wenn Schlucki kommt, wird es laut. Es gibt diese Momente, tief unten am U-Bahnsteig, da wundert man sich ein bisschen, selbst bei vollkommener Nüchternheit: Auf einmal rumpelt und bumpert es zur Geisterstunde im Höllenschlund, den eingeschlummerten Nachbarn auf der Wartebank reißt es aus dem Halbschlaf - und aus dem Tunnel über die Gleise zuckelt schniefend und stampfend ein knalloranges Ungetüm.

Schlucki, so nennen sie das Monster bei der MVG, saugt Abfall und Krempel von den Gleisen. Das ist eine durchaus honorige Aufgabe, manchmal ärgert es einen aber schon, dass man abends, nach Mitternacht, als bettreifer Fahrgast öfter Schlucki vorbeituckern sieht als die U-Bahn, die einen heimbringt.

Die Grünen haben das nun angemerkt und für die U-Bahnlinien einen Zehn-Minuten-Takt nach Mitternacht bis Betriebsschluss gefordert. Da denken die Grünen aber zu kurz. Wer geht schon heim, am Freitagabend etwa, vor Betriebsschluss um kurz nach zwei. Da geht es ja eigentlich erst los. Und wenn, sitzt man die 20 Minuten Wartezeit trotz allem auf einer Backe ab.

Der Ärger über Schlucki ist deshalb ohnehin bald wieder verflogen - und weicht der typisch münchnerischen Grübelei, dass man zum ausdauernden Feiern vielleicht doch in eine andere Stadt fahren sollte. Dahin, wo die U-Bahnen die ganze Nacht fahren. Oder dahin, wo sich die Lenker der Nachtbusse nicht nur alle dreißig Minuten bequemen, ihr Gefährt in Gang zu setzen. Selbst die Nachtlinie N40 raus zum Kieferngarten ist um 4 Uhr morgens so überfüllt, dass man kaum noch einen Stehplatz findet im Bus.

Es wäre deshalb eine lohnenswerte Initiative, wenn die Politiker einen kleinen Zuschuss für einen dichteren Takt der Nachtlinien spendieren würden. Oder, noch besser, U-Bahn-Fahrten in der Nacht. Die Waggons bieten so viel Raum, dass zu solchen Uhrzeiten sogar eine stundenweise Taktung genügen sollte. Falls nicht, muss halt vielleicht doch irgendwann das orangefarbene Ungeheuer gezähmt werden. Schlucki wird dann gekapert - und saugt alle auf, die nach Hause wollen.

© SZ vom 12.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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