US-Wahlkampf:Mitt Romney holt seine Vergangenheit ein

Obamas Herausforderer Romney soll als Investmentbanker Arbeitsplätze ins Ausland verlagert haben - was er bislang stets bestritten hat. Schlecht für seinen Wahlkampf. Und ein gefundenes Fressen für Obamas Strategen. Mit den neuen Informationen soll der Befreiungsschlag gelingen.

Barack Obama braucht einen Befreiungsschlag im US-Wahlkampf. Seine Umfragewerte sind seit Wochen nur mittelmäßig, die Wirtschaft kommt seit Monaten nicht wirklich in Gang - und sein lange Zeit unterschätzter Gegenkandidat Mitt Romney liefert ihm ein zunehmend hartes Rennen um die Präsidentschaft ab 2013.

Romney pauses during his reaction to the Supreme Court's upholding of Obamacare in Washington

Einen Großteil seines geschätzten Vermögens von 250 Millionen Dollar hat der derzeitige Gouverneur von Massachusetts mit seiner 1984 gegründeten Investmentfirma Bain Capital gemacht

(Foto: REUTERS)

Nun könnte Obamas Wahlkampfteam dieser Befreiungsschlag gelingen. Mit Unterstützung der Presse. Der US-Präsident stellt sich in seiner Kampagne zunehmend als Klassenkämpfer dar, fordert Steuernachlässe für die Mittelklasse und gleichzeitig ein Ende der Ermäßigungen für Menschen mit einem Einkommen von mehr als 250.000 Dollar. Noch bevor er sich auf seiner Tour durch Virginia als Kämpfer für die Gerechtigkeit darstellen kann, wurde ihm eine Steilvorlage zugepasst.

Es geht dabei um den designierten Präsidentschaftskandidaten der US-Republikaner, Mitt Romney, und dessen Vergangenheit als Investmentbanker. Dass der derzeitige Gouverneur von Massachusetts einen Großteil seines geschätzten Vermögens von 250 Millionen Dollar mit seiner 1984 gegründeten Investmentfirma Bain Capital gemacht hat, die sich darauf spezialisiert hatte, marode Unternehmen aufzukaufen, sie zu zerschlagen, wieder gewinnbringend zu machen und schließlich weiter zu verkaufen, ist kein Geheimnis. Allein auf den als Steuerparadies bekannten Kaimaninseln soll Romney heute noch mit rund 30 Millionen Dollar an Fonds der Firma beteiligt sein.

Ein wirtschaftliches Detail könnte nun jedoch zu einem der entscheidenden Kriterien für die Wähler in den sogenannten Swing States werden. Romney hatte stets für sich reklamiert, dass er schon früh, ab dem Jahr 1999, nicht mehr für die geschäftlichen Entscheidungen bei Bain verantwortlich gewesen sei, sondern sich seiner Aufgabe als Manager der Olympischen Spiele in Salt Lake City zugewandt habe. Er habe zwar weiter Anteile des Unternehmens besessen, sei aber nicht mehr im Management tätig gewesen. Es gebe einen Unterschied zwischen der Rolle als Aktionär und der des Geschäftsführers, so Romney zum Fernsehsender CNN.

Wie der Boston Globe nun jedoch berichtete, hat Romney erst im Jahr 2002 - drei Jahre später als er öffentlich behauptet hatte - das Unternehmen verlassen. Der Globe zitiert dabei Unterlagen der US-Börsenaufsicht SEC, in denen Romney als alleiniger Eigentümer, Vorstandschef und Präsident geführt wird.

Im immer härter geführten US-Wahlkampf, der mit einer Anzeigenflut und Interviews in den letzten Tagen seinen ersten Höhepunkt erreicht hat, haben die Wahlkampfstrategen Obamas damit ihren Angriffspunkt gefunden. Sie versuchen Romney als eiskalten Kapitalisten darzustellen, der in der Zeit zwischen 1999 und 2002 dafür verantwortlich gewesen sein soll, dass zahlreiche Arbeitsplätze aus den USA ins Ausland verlagert worden sind.

Während Romney seine Beteiligung an den ihm in diesem Zeitraum zu Last gelegten Entscheidungen immer wieder bestreitet und auch Bain dies zurückweißt, will Barack Obama ihn nun nicht mehr aus seiner Rolle als rücksichtlos berechnender Finanzmann herauskommen lassen. Dem Lokalfernsehsender WJLA aus Washington sagte er: "Ich denke, die meisten Amerikaner denken sich, dass ein Vorsitzender, CEO und Präsident eines Unternehmens verantwortlich für die Entscheidungen der Firma ist."

Für Romney eine kritische Phase im Wahlkampf. In der Reaktion auf die Vorwürfe versuchte der Republikaner den Schwerpunkt der Debatte wieder auf die schwache US-Konjunktur zu legen, doch Obama und sein Team lassen nicht locker. "Entweder Mitt Romney hat seine Position bei Bain gegenüber der SEC falsch dargestellt und eine Straftat begangen - oder er hat seine Position bei Bain gegenüber dem amerikanischen Volk falsch dargestellt", erklärte eine Sprecherin Obamas. Romney sei der "heimlichtuerischste" Präsidentschaftskandidat seit Richard Nixon.

Romney, der seine Rolle als umsichtiger Geschäftsmann und Sanierer stets als eine der tragenden Säulen seines Wahlkampfs dargestellt hat, wird nun alles versuchen, den Fokus auf andere Themen zu lenken. Auf seiner Tour durch den Wechselwählerstaat Virginia wird Barack Obama jedoch kaum Probleme damit haben, Romneys Vergangenheit in Wählergunst umzumünzen.

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