Ausverkauf bei Absteiger Köln:Alles muss raus

Der 1. FC Köln hat Schwierigkeiten, die einstigen Führungsspieler Novakovic, Geromel und Rensing loszuwerden. Dass die Großverdiener nicht mal mehr am Training teilnehmen dürfen, macht die Sache noch komplizierter. Nur bei einem der drei früheren Hoffnungsträger kann der Zweitligist auf eine Ablösesumme hoffen.

Philipp Selldorf, Köln

Novakovic? "Trainiert individuell in Slowenien." Rensing? "Trainiert individuell in Bayern." Geromel? "Trainiert individuell am Geißbockheim."

1. FC Koeln v Borussia Dortmund  - Bundesliga

Torwart Rensing im Kölner Trikot: Wo geht es hin?

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Gemäß den amtlichen Auskünften zum Verbleib des vormaligen Führungspersonals ist der 1. FC Köln ein Verein, der seinen Angestellten viel Freiraum zur persönlichen Entfaltung lässt. Während der neue Trainer Holger Stanislawski das Gros der Lizenzspieler daheim im schönen Grüngürtel auf den Start der Zweitligasaison vorbereitet - die Kölner treten am übernächsten Sonntag in Braunschweig an -, gehen die ehemaligen Größen des Teams eigene Wege.

Wie der Torjäger Milivoje Novakovic in seiner Heimat Slowenien mit dieser Freiheit umgeht, lässt sich nur mutmaßen, der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt, seit jeher ranken sich wilde Gerüchte um seinen Lebenswandel. Über Michael Rensings Fitnesstraining mit einem alten Freund und Lehrmeister in Garching bei München gibt es immerhin glaubhafte Zeugenberichte; auch der ehemalige Kapitän Pedro Geromel wurde schon bei Konditionsübungen gesichtet, als Trainer stand ihm Rolf Herings bei, der - mit gelegentlichen Unterbrechungen - seit mehr als 40 Jahren am Geißbockheim arbeitet.

Herings, in den Sechzigern ein großer Speerwerfer, ist inzwischen 72 Jahre alt, aber er hat immer noch mehr Zukunft beim FC als der 26-Jährige Geromel, der in guten Tagen als einer der besten Innenverteidiger der Bundesliga galt. Damals war man mächtig stolz, ihn bis 2014 vertraglich gebunden zu haben - "ohne Klauseln", wie der seinerzeit verantwortliche Manager Michael Meier oft genug betonte, und das mit Recht. Geromel war ein wertvoller Spieler, noch im vorigen Sommer gab es ein sehr gutes Angebot von Dynamo Kiew.

Auch der Mittelstürmer Novakovic, der in 166 Punktspielen 74 Tore für Köln geschossen hat, war mal sehr begehrt. Dann kam der Abstieg, und jetzt wirkt es so, als fürchte man die Stars von früher ebenso wie den letztjährigen Publikumsliebling Rensing als Gespenster einer düsteren Vergangenheit. Sie sollen nicht nur wegen ihrer hohen Gehälter den finanziell notleidenden Klub verlassen, sie sollen auch nicht durch ihre Gegenwart zur Last fallen. Trainer Stanislawski und die Sportmanager Frank Schaefer und Jörg Jakobs haben entschieden, die drei nicht am allgemeinen Training teilnehmen zu lassen, damit sie den Integrationsprozess der neuen Mannschaft nicht stören.

Diese resolute Trennung zwischen Spielern von gestern und Spielern von morgen dürfte den gewünschten Vereinswechsel des Trios nicht erleichtern. Das Alles-muss-raus-Verfahren erinnert an die Abwicklungs- und Ausverkaufspraktiken der Treuhandgesellschaft, die Preisentwertung wird in Kauf genommen, nicht mutwillig, sondern notgedrungen, wie die neue Führung des FC hervorhebt.

Bislang wenig Interesse am Tafelsilber

Es gebe keine Alternative zur angewandten Praxis, sagt Kaderplaner Jakobs: "Wir beschäftigen uns bis zum 31. August" - dem Schlusstag der Transferperiode - "nur mit dieser Strategie. Andere Szenarien spielen keine Rolle." Das andere Szenario wäre: Rensing, Novakovic und Geromel empfangen auch am 1. September noch die Gehälter vom 1. FC Köln. Für den Schatzmeister eine grausame Vision.

Bisher reagiert die Kundschaft auf den Tafelsilberverkauf äußerst reserviert. Ob das auf der Marktlage beruht oder auf taktischen Erwägungen, ist nicht klar. Sascha Riether, den die Kölner vor einem Jahr für 2,5 Millionen Euro in Wolfsburg erwarben, verließ den Klub quasi gratis als Leihspieler, er ist jetzt beim FC Fulham. Es gab keine Vorwürfe gegen Riether, aber sein Unterhalt wäre zu teuer gewesen.

Beim sanftmütigen Verteidiger Geromel ist es ähnlich, zumindest bei ihm hofft man aber noch auf eine Ablöseeinnahme. Rensing ist das Opfer des gesättigten Torwartmarktes. Novakovic, inzwischen 33, den die einstige FC-Führung mit einem Vertrag bis 2014 großzügig bescherte, wird als äußerst schwieriger Fall eingeschätzt, allerdings nur von den Optimisten. Die Pessimisten meinen, es sei schlimmer. In China hätte er unterkommen können, aber das wollte er nicht. Jakobs gibt die Hoffnung nicht auf: "Er will Fußball spielen und sich nicht auf die Tribüne setzen und Geld einsammeln."

Für Geromel gibt es laut Gerüchten aus aller Welt genügend mögliche Abnehmer. Im Katalog der Firma Gestifute, seiner Beratungsagentur, befindet er sich in exzellenter Gesellschaft. Berühmtheiten wie Cristiano Ronaldo, Pepe, Coentrão, Alves, Falcão oder Nani tauchen dort auf. Sogenannte Quellen berichten von Interessenten wie Frankfurt, Bremen, Fenerbahce Istanbul, Celta Vigo, Stade Rennes, AS St. Etienne, sogar von Inter Mailand.

Die einzig gesicherte Angabe stammt jedoch aus São Paulo. Dort brachte Geromels Ehefrau eine Tochter zur Welt, weshalb er das Training vorübergehend einstellte und nach Brasilien reiste. Inzwischen ist er wieder da, und Jakobs findet, dass er sein seltsames Fußballerschicksal vorbildlich erträgt. "Er hält sich top und trainiert einwandfrei", sagt er. Bessere Neuigkeiten kann der Manager allerdings nicht verkünden.

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