Spektakuläre Aids-Behandlung:Nach dem Vorbild des "Berliner Patienten"

Der "Berliner Patient" gilt als einziger je von Aids geheilter Mensch. Nun sind zwei Bostoner Aids-Kranke mit einem ähnlichen Verfahren erfolgreich behandelt wurden.

Timothy Brown schien doppelt vom Schicksal geschlagen, als er zusätzlich zu seinem Aids-Leiden an Leukämie erkrankte. Doch unerwartet erwies sich diese Kombination als Glücksfall. Seine Ärzte an der Berliner Charité entschieden, die kranken Blutzellen zu zerstören und dem Patienten blutbildende Stammzellen eines Fremden zu übertragen. Dabei fanden sie einen perfekten Spender, der nicht nur passende Gewebemerkmale aufwies, sondern aufgrund einer seltenen Genmutation zudem gegen das HI-Virus immun war. 2006 übertrugen die Ärzte diese Stammzellen und heilten damit nach eigener Einschätzung beide Krankheiten auf einmal. Brown ging als "Berliner Patient" in die Medizingeschichte ein.

Der Berliner Patient Timothy Brown gilt als erster von Aids geheilter Mensch

Timothy Brown auf der Aids-Konferenz in Washington: "Mir geht es gut".

(Foto: AFP)

Auf der Aids-Konferenz in Washington stellten Ärzte aus Boston nun zwei ähnliche Fallgeschichten vor. Wie der Boston Globe berichtet, transplantierten auch diese Mediziner zwei an Blutkrebs erkrankten Aids-Patienten Stammzellen. Allerdings fehlte den Zellen die seltene Mutation, die Immunität gegen HIV verleiht. Die Männer nahmen daher während der Stammzellbehandlung ihre antiviralen Medikamente weiterhin ein. Offenbar, so vermuten die Forscher der Zeitung zufolge, verhinderten diese Medikamente, dass die neuen Zellen des Immunsystems mit dem Virus infiziert wurden.

Während das HI-Virus vor der Transplantation im Blut der Patienten leicht nachzuweisen war, zeigte sich acht Monate nach dem Eingriff keine Spur mehr von dem Erreger. Dennoch vermieden es die Forscher aus Harvard und dem Brigham and Women's Hospital sorgfältig, die Männer als geheilt zu bezeichnen. Weitere Untersuchungen seien notwendig, um sicher zu sein, dass das Virus tatsächlich verschwunden sei. Die Männer nehmen nach wie vor antivirale Medikamente ein.

Auch an Timothy Browns Heilung gibt es erste Zweifel. Seine neuen Ärzte erklärten Anfang Juni, sie hätten Hinweise auf Virusfragmente in seinem Körper gefunden. "Wir können zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, dass das Virus vollständig eliminiert wurde."

Der berühmte Patient trat auf der Aids-Konferenz selbst an die Öffentlichkeit und bezeichnete sich als HIV-negativ. Seit mehr als fünf Jahren nehme er keine Aids-Medikamente mehr. Und dennoch könne er sagen: "Mir geht es gut".

Eine Option für die Behandlung aller Aids-Kranken ist die Stammzell-Transplantation allerdings nicht. Sie ist teuer und riskant und wird auch bei Krebskranken nur als letzte Möglichkeit in Betracht gezogen. Aids lässt sich dagegen in den meisten Fällen mit Medikamenten gut in Schach halten.

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