Sparpaket in Griechenland:Gezerre um Selbstverständlichkeiten

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Zank, Gezeter, Klientelpolitik: Die griechische Regierung hat nun zwar ein Sparpaket verabschiedet. Dennoch gibt sie ein katastrophales Bild ab. Beinahe hat sie sich in den Verhandlungen um das 11,5-Milliarden-Euro-Paket wieder zerlegt. Griechenland ist kurz davor, auch seine zweite Chance zu verspielen.

Stefan Kornelius

Es gibt keinen Anlass zum Freudentaumel, nur weil das griechische Kabinett neue Sparpläne im Wert von 11,5 Milliarden Euro beschlossen hat. Erstens hatte die Regierung diese Einsparungen vor Monaten bereits zugesagt - nun erst liegt der dazugehörige Kabinettsbeschluss vor. Und zweitens gibt es einen Unterschied zwischen einem Beschluss und dessen Umsetzung. In der griechischen Odyssee wäre es nicht das erste Mal, dass Kabinettsbeschlüsse unterlaufen, verwässert, ignoriert oder verdaddelt würden. Applaus ist erst angebracht, wenn das Geld tatsächlich im Haushalt eingespart ist.

Premierminister Antonis Samaras muss die griechische Regierung zusammenhalten. Das Land ist kurz davor, auch seine zweite Chance zu verspielen. (Foto: dpa)

Bemerkenswert an dieser Episode des längst verhandelten Griechenland-Deals ist zweierlei: Erstens ist den Regierungsparteien in Athen trotz der desaströsen Lage ihres Landes offenbar nicht bewusst, welch katastrophalen Eindruck das Gezerre um Selbstverständlichkeiten hinterlässt.

Das Sparversprechen war längst gegeben. Wird es nicht eingehalten, können EU und Internationaler Währungsfonds die nächste, überlebenswichtige Tranche des 130-Milliarden-Kredits nicht zahlen. Diese Logik ist nicht verhandelbar - das ließe schon allein das Statut nicht zu: Der Währungsfonds darf nicht bezahlen, wenn seine Hilfe nachweislich keine nachhaltige Wirkung erzielt.

Deswegen ist auch jede Debatte über eine Streckung geradezu absurd: Zwei Jahre Schonfrist würden nach großzügiger Schätzung 40 Milliarden Euro mehr kosten. Selbst wenn die Summe aufzubringen wäre - politisch durchsetzbar ist sie weder beim IWF noch bei den europäischen Geldgebern, etwa im Bundestag.

Problem Nummer zwei: die griechische Innenpolitik. Die gerade installierte Koalition hätte sich in den Verhandlungen um das 11,5-Milliarden-Paket offenbar beinahe wieder zerlegt. Das zeugt von einem Mangel an Reife und Problembewusstsein - ein Defizit, das nach all den Monaten des Gezänks und der Taktiererei eigentlich überwunden sein müsste. Denn das 11,5-Milliarden-Problem ist klein, gemessen an den Sorgen, die Griechenland noch in diesem Monat quälen werden, wenn erst einmal die wahren Zahlen der Troika-Inspektoren veröffentlicht sind.

Europa und auch Deutschland wären sicher weiterhin zu großzügiger Hilfe bereit, wenn sie im Gegenzug eine ehrliche Bereitschaft und mehr Ernsthaftigkeit verspürten. Keine Frage: Griechenland erbringt Opfer, gerade die einfachen Leute und die Mittelschicht tragen überproportional schwere Lasten. Ihre politische Führung aber entwertet dieses Entgegenkommen, indem sie feilscht und taktiert.

Selbst in Griechenland wäre noch höhere Opferbereitschaft zu finden, wenn die Menschen sicher sein könnten, dass alles Leid fair verteilt ist. Die Regierung in Athen aber kann sich nicht verabschieden von ihrer Klientelpolitik, und so bleibt der ehrliche Zorn auf die Reeder, die Kirche, die Steuerflüchtlinge, die privilegierten Pensionäre der staatlichen Betriebe - nach wie vor alles Krisenprofiteure. Die Spardebatte hat wieder mal bewiesen: Griechenland ist kurz davor, auch seine zweite Chance zu verspielen.

Anmerkung d. Red: Wir hatten den Artikel für kurze Zeit mit einem Bild versehen, auf dem der griechische Politiker Fotis Kouvelis zu sehen war. Wir haben das Foto inzwischen ausgetauscht.

© SZ vom 03.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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