Strompreise in Deutschland:So kann Wettbewerb nicht funktionieren

Die Deutschen zahlen zu viel für Strom. Doch daran sind sie selbst schuld. Obwohl die Stromkunden aus etwa hundert Anbietern den günstigsten heraussuchen könnten, tun das viel zu wenige. Die Quittung dafür kommt in Form der nächsten Rechnung.

Marlene Weiss

Strom ist ein Produkt wie jedes andere - theoretisch. Seit 1998 herrscht Wettbewerb auf dem Markt; heute kann fast jeder deutsche Stromkunde unter etwa hundert Anbietern wählen. Damit ist der Vorwurf, den jetzt die Grünen aufgrund einer Studie wieder einmal erheben, eigentlich absurd: Die Stromversorger kassieren zu viel.

Tatsächlich ist die Situation paradox: Seit Jahren sinken die Preise an der Leipziger Strombörse, trotzdem berechnen die Stromkonzerne immer mehr - ganz unabhängig von den zusätzlichen Abgaben für die Energiewende. Das ist für die Verbraucher umso ärgerlicher, als sie damit doppelt bezahlen: Über die Ökostrom-Umlage finanzieren sie den Ausbau der erneuerbaren Energien, die den Strom an der Börse im Durchschnitt billiger machen. Aber von der Ersparnis kommt nichts bei ihnen an.

Dies liegt auch daran, dass Versorger den Strom größtenteils Jahre im Voraus bestellen, so dass der sinkende Börsenpreis sich nur verzögert auswirkt. Ganz kann das die Preisgestaltung aber nicht erklären, zumal die Preise für Großkunden mit Spezialverträgen zuletzt kaum gestiegen sind.

Der wahre Grund dürfte ein anderer sein: Noch immer akzeptiert fast die Hälfte der Stromkunden den teuren Grundversorgungstarif, statt zu wechseln. So kann Wettbewerb nicht funktionieren - und wenn der Markt es nicht tut, bestimmen eben die Anbieter die Preise.

© SZ vom 25.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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