Bayern-Zugang Javier Martínez:Bodenständig, heimatverbunden, stolz

Javier Martínez ist der teuerste Transfer der Bundesliga-Geschichte. Sein Wechsel zum FC Bayern gestaltete sich so schwierig, weil sein bisheriger Verein, der baskische Klub Athletic Bilbao, nur Einheimische spielen lässt. Kein Wunder, dass man ihn dort nicht abgeben wollte. Dabei fehlt ihm eine wichtige baskische Kernkompetenz.

Benedikt Warmbrunn

Das Baskische ist eine isolierte Sprache, Wissenschaftler scheiterten bisher daran, eine Verwandtschaft zu irgendeiner anderen Sprache dieser Welt nachzuweisen. Wer Baskisch spricht, fühlt sich seiner Heimat besonders verbunden, der Baskisch Sprechende ist dann: der stolze Baske. In Nordspanien und Südfrankreich beherrschen etwa 700.000 Menschen Euskara, so die Eigenbezeichnung. Javier Martínez dagegen spricht kein Baskisch. Man muss das wissen, um zu verstehen, warum er nun zum FC Bayern München gewechselt ist, für 40 Millionen Euro.

Martínez, 23, defensiver Mittelfeldspieler und spanischer Nationalspieler, ist der teuerste Transfer der Bundesliga-Geschichte, dazu der komplizierteste. Dass sich der Wechsel über Wochen gezogen hat, hängt mit dem Baskenland zusammen und dem Stolz, mit dem die Menschen sich dort mit ihrer Heimat identifizieren. Dieser Stolz kann terroristische Züge annehmen, so kämpfte die Untergrundorganisation Eta jahrelang auch mit Autobomben für die Unabhängigkeit des Baskenlandes.

Der Stolz kann aber auch charmante Züge annehmen, etwa im Fall von Athletic Bilbao, dem bisherigen Klub von Martínez. Der Verein sieht sich als Repräsentant der Region, es werden nur Spieler mit baskischer Herkunft verpflichtet. Diese lokale Fokussierung ist ein einmaliges Phänomen im internationalen Spitzenfußball.

Doch seit 1928 die Primera División gegründet wurde, hat Bilbao stets in der ersten Liga gespielt, achtmal wurde der Klub Meister. Nur Real Madrid, der FC Barcelona und Atlético Madrid haben häufiger den Titel gewonnen. Viele Spieler verbringen ihre gesamte Karriere in Bilbao, etwa Josu Urrutia Tellería, der 15 Jahre lang für Athletic spielte. Seit 2011 ist er Präsident des Vereins, damit war er der direkte Vorgesetzte von Martínez. Und da wird es kompliziert.

Martínez ist in Ayegui in der Provinz Navarra geboren worden. Navarra gehört kulturell zum Baskenland, nicht jedoch zur Autonomen Gemeinschaft Baskenland; die Provinz Navarra sieht sich als Autonome Gemeinschaft, nur zwölf Prozent der Einwohner sprechen Baskisch. Martínez spielte in seiner Jugend für CA Osasuna, im Alter von 17 Jahren wechselte er nach Bilbao.

Er prägte fortan das Gesicht des Vereins, auch deswegen stemmte sich Präsident Urrutia so lange gegen den Transfer. Martínez dagegen sieht die Chancen in einer globalisierten Fußballwelt, außerhalb des Baskenlandes gilt der FC Bayern doch als größerer Verein als Athletic Bilbao. Martínez dachte ausnahmsweise nicht an seine Heimat, sondern an seine Karriere.

Da immer mehr Spieler so denken, legt Bilbao hohe Ablösesummen fest, bei Martínez jene 40 Millionen Euro. Es geht dem Klub dabei nicht um Geld. Sie wollen den Spieler tatsächlich nicht abgeben, da es so furchtbar schwer ist, baskische Talente zu finden. Bilbao hat schon die ersten zwei Saisonspiele auf Javier Martínez verzichten müssen - zurzeit ist der Klub Tabellenletzter.

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