Studie zu Bio-Lebensmitteln:Und der Bio-Apfel ist doch der bessere

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Huch, Bio-Produkte sind gar nicht gesünder als konventionelle? Ein Skandal? Was für ein Quatsch. Wer Bio für grundsätzlich gesünder hält, der kann Bio-Zigaretten rauchen und sich von Bio-Schokolade ernähren. Nein, der Öko-Landwirtschaft geht es um Nachhaltigkeit. Und skandalös ist dabei etwas ganz anderes.

Thorsten Denkler

Eine Studie bestätigt, was sich jeder mit ein bisschen Verstand auch selbst zusammenreimen kann. Ein Apfel ist nicht per se gesünder, nur weil er vom Bio-Bauern kommt. Ein Ei auch nicht. Nicht mal Fleisch. Manches, was Bio ist, schmeckt nicht mal besser. Oder treffender: Viele Bio-Produkte entsprechen nicht den Geschmacksvorstellungen der von industriell hergestellten Lebensmitteln geprägten Discounter-Kundschaft.

Kennzeichnungen für Lebensmittel-Qualität
:Wofür Gütesiegel wirklich stehen

Prädikatssiegel, QS-Prüfzeichen, Öko-Label, EU-Bio-Logo - alles Kennzeichnungen, die für eine besonders gute Qualität von Lebensmitteln bürgen sollen. So vielfältig wie die Begriffe ist auch, was dahintersteckt. Ob ein Logo tatsächlich für Qualität steht oder nur ein Marketing-Gag ist, erkennen Kunden oft nur schwer.

Eine Übersicht der wichtigsten Gütesiegel.

Es ist wenig überraschend, was die Forscher der US-Universität Stanford herausgefunden haben. Was tatsächlich verwundert, ist die Debatte darüber, ob die Bio-Landwirtschaft nicht doch die gesünderen Lebensmittel produziert. Denn ein Boskop-Apfel hat keinen Grund, weniger Vitamine zu produzieren, nur weil er an einem konventionell bewirtschafteten Baum hängt.

Der Begriff "gesund" ist schon fragwürdig. Eine mit viel Butter und Zucker angerührte Schokoladentorte macht auch dann nicht schlank, wenn sie aus Bio-Produkten hergestellt wird. Auch ein Bio-Lutscher kann Karies verursachen. Und, ja, auch Tabak aus Bio-Anbau ist krebserregend. Wie immer, wenn es um Ernährung geht, geht es um ausgewogene Ernährung.

Ressourcen schonen, Umwelt erhalten - das ist Bio

Wenn überhaupt, dann stellt sich die Frage: Sind konventionelle Lebensmittel womöglich gar giftiger als Bio-Produkte? Da haben die Forscher tatsächlich festgestellt, dass es auf konventionellen Lebensmitteln mehr Pestizidrückstände gibt. Alle Grenzwerte seien aber eingehalten worden. Dabei ist längst bekannt, dass gerade konventionelle Obst- und Gemüsebauern gerne eine Vielzahl unterschiedlichster Pestizide spritzen, weil die Grenzwerte nur pro Pestizid gelten. In der Summe kommt da einiges zusammen. Das muss nicht direkt krank machen, sollte aber zu denken geben.

Wer Bio kauft, weil er sich davon einen gesundheitsfördernden Effekt verspricht, der handelt naiv. Kein Bio-Verband setzt auf die Gesundheitskarte. In der Bio-Landwirtschaft geht es - wenn sie ernsthaft und nicht aus reiner Profitgier betrieben wird - vor allem darum, Ressourcen zu schonen, die Umwelt zu erhalten, den Lebensraum wilder Pflanzen und Tiere nicht weiter einzuschränken und Tiere möglichst artgerecht zu halten, bis sie auf die Schlachtbank kommen.

Bio-Skandale der Discounter

Skandale gibt es auch in der Bio-Landwirtschaft. Ein Skandal ist etwa, dass Bio-Kartoffeln von den Discountern inzwischen größtenteils aus Ägypten importiert werden. Mal abgesehen davon, wie irre es ist, die wohl deutscheste aller Gemüsesorten aus Afrika herschaffen zu lassen: In Deutschland wachsen sie mit Regenwasser. In der Wüste werden die Kartoffeläcker mit kostbarem Trinkwasser bewässert - mit unabsehbaren Folgen für Mensch und Natur. Den Discountern ist das egal. Profit geht vor.

Ein Skandal ist auch, dass das Bio-Siegel der Europäischen Union eine Tierhaltung zulässt, die mit artgerechter Haltung zu oft nur wenig zu tun hat. Schweine und Hühner bekommen das Bio-Siegel auch, wenn sie nie einen Fuß auf eine Weide gesetzt und nie das Sonnenlicht gesehen haben.

Zwei Beispiele, die zeigen, dass billig und Bio einfach nicht zusammenpassen. Wer sich über Bio-Lügen und Bio-Mythen aufregen will, der darf hier gerne ansetzen.

Bio ist nicht gleich Bio. Das ist inzwischen eine Binse, seit die großen Supermarktketten Bio-Produkte als neue Einnahmequelle entdeckt haben. Wer sicher sein will, Fleisch von halbwegs glücklichen Hühnern, Schweinen und Rindern zu essen, wer Wert darauf legt, dass sein Bio-Gemüse nicht nur weitgehend pestizidfrei sondern auch ressourcenschonend angebaut wurde, der landet immer wieder bei deutschen Bio-Anbauverbänden wie Bioland und Demeter. Deren Regeln sind weitaus strenger als das Bio-Siegel der EU.

Doch deren Produkte kosten in der Regel auch mehr als die Bio-Eigenmarken der Discounter. Bio hat nun mal seinen Preis. Weil der Aufwand höher ist und der Ertrag geringer. Nicht, weil Bio gesünder ist.

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