Fehlerhafte Behandlungen:Kassen beklagen Tausende Kunstfehler

Mehr als 4000 Behandlungsfehler haben die Krankenkassen 2011 festgestellt. Die meisten bei Patienten mit Gelenkerkrankungen und Karies. Doch das wahre Ausmaß des Pfusches ist viel größer.

Etwa 4000 Mal haben Ärzte im vergangenen Jahr eine falsche Diagnose gestellt, bei der Behandlung gepfuscht oder den Patienten nicht ordnungsgemäß aufgeklärt. Dies sind die Zahlen der Krankenkassen - und sie bilden wie alle Statistiken zum Thema nur einen kleinen Teil der Wahrheit ab. Denn die Daten, die der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) am Mittwoch vorstellte, beruhen lediglich auf den Beschwerden, die die Kassen erreichten. Patienten beschweren sich aber auch bei den Ärztekammern: Im Jahr 2011 wurden auf dieser Basis etwa 2300 Kunstfehler festgestellt.

Vorschau: Medizinischer Dienst stellt Statistik zu Behandlungsfehlern vor

Selbst so ein Fall ist schon vorgekommen. Haben Patienten den Verdacht, dass sie falsch behandelt wurden, können sie beim MDK kostenlos ein Gutachten erstellen lassen.

(Foto: dapd)

Andere Patienten wiederum wenden sich mit ihrem Verdacht an Versicherungen oder Gerichte - oder tun gar nichts. Sei es, weil sie die Auseinandersetzung scheuen, sei es, dass sie gar nicht wissen, ob sie Opfer eines Behandlungsfehlers wurden oder stattdessen unter unvermeidlichen Komplikationen litten. Wie viele Deutsche insgesamt an den Folgen von Kunstfehlern zu leiden haben, wird nirgendwo erfasst.

Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass die Zahl noch viel höher liegt, als die Daten von Ärzten und Kassen vermuten lassen. So zeigen Erfahrungen aus anderen Ländern, dass allein in Kliniken etwa zwei bis acht Prozent aller Patienten vermeidbare Komplikationen erleiden. Etwa eine von tausend Krankenhausbehandlungen hat Schätzungen zufolge den Tod zur Folge. Für Deutschland hieße das hochgerechnet, dass jährlich etwa 17.500 Menschen durch Klinikfehler sterben.

Nach den Zahlen des MDK richteten sich zwei Drittel aller 12.700 Beschwerden gegen ein Krankenhaus. Insgesamt wurde der Verdacht auf einen Fehler in einem Drittel aller Fälle bestätigt. In 75 Prozent dieser Fälle führte der Pfusch zu einem gesundheitlichen Schaden. Die meisten Kunstfehler wurden bei Diagnose und Behandlung von Arthrosen im Knie- und Hüftgelenk sowie bei Zahnkaries begangen. Gelenkarthrosen standen auch in der Fehlerstatistik der Ärztekammern ganz oben.

Die Gründe für Ärztefehler sind offenbar vielfältig: "Nach unserer Erfahrung kommt es bei einer erheblichen Zahl von Behandlungsfehlern zu einer Verkettung von Versäumnissen", erläutert Astrid Zobel vom MDK Bayern.

Vergleichsdaten liegen nur für das zweite Halbjahr 2010 vor. Damals wurden mehr als 1850 Behandlungsfehler anerkannt. Dies spricht dafür, dass 2011 mehr Kunstfehler bestätigt wurden.

Haben Patienten den Verdacht, dass sie falsch behandelt wurden, können sie beim MDK kostenlos ein Gutachten erstellen lassen. Kommen die Gutachter zu dem Schluss, dass tatsächlich ein Fehler vorliegt, der für einen gesundheitlichen Schaden verantwortlich ist, gelten Schadensersatzforderungen als verhältnismäßig aussichtsreich.

Was Patienten für eine Begutachtung oder Schadensersatzforderung wissen müssen, erläutert der MDK in diesem Dokument.

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