Chinesisches Restaurant Frau Li:Wundertüte im Westend

Das Westend hat viele Gesichter, "Frau Li" ebenso. In dem kantonesischen Lokal findet alles harmonisch zusammen: Lasagne und Pok Choi, Käsekuchen und Dumplings. Auch die Asiaversion von Spaghetti Bolognese hat es in sich.

Helene Töttchen

Das Westend hat viele Gesichter, und wenn man mal einen ganzen Tag die Leute hier beobachtet, ist es, als würde sich das Viertel im Schichtbetrieb komplett austauschen. Tagsüber flattern die Sakkoschöße und Plisseekleider der Menschen in den Büros, und zur Mittagszeit sind es derart viele, dass man das Trottoir vor lauter Schwarz nicht mehr sieht. Frühabends bestimmen dann die Jeans und Turnschuhe der Viertelbewohner das Bild. Da muss man wiederum auf der Hut sein, nicht ein Kind oder einen Erziehungsberechtigten mit Hornbrille umzulaufen, denn von beiden gibt es erstaunlich viele im Viertel.

Muenchen: KOSTPROBE / Frau Li

Bunte Lampen gehören zum Interieur von Frau Li, ebenso ausgefallener Wandschmuck, darunter eine Lomokamera und ein Föhn.

(Foto: Johannes Simon)

Inzwischen ist es so, dass jede Verzehrfläche zur Mittagszeit mindestens einmal reserviert ist, und es überall Menüs gegen schmales Geld gibt, die auch in Alternativkneipen mittlerweile Business Lunch heißen. Abends dann geht das Tempo herunter, die normale Karte wird ausgelegt, der MP3-File "Lounge" abgespielt.

Alle Lokale mischen da kräftig mit, aber keines hat sich den Schichtbetrieb so zu eigen gemacht wie die Neue, Frau Li.

Frau Li ist ein Restaurant mit einem kantonesischen Koch, was erfreulich ist, denn dieser Acker ist im Viertel bislang schlecht bestellt. Verdutzt waren wir aber, als wir in der Mittagskarte neben Wokgemüse und Hühnerfleisch nach Nordchina Art das fanden: Gemüselasagne überbacken mit Mozzarella, Spaghetti mit gemischtem Käse und als maximale Ranschmeiße an die Rabattnicks im Büro gegenüber der Salat "Payback" mit Speck und Champignons.

Nun kannten wir Frau Li noch nicht, vielleicht ist sie ja Weltbürgerin. Wir bestellten also neugierig die Spaghetti (7,50 Euro) und einen Feldsalat mit Ziegenkäse (8,50 Euro). Die Nudeln hatten eine kräftig-würzige Note und feinen Biss, der Salat war feldfrisch mit einem Käsebeitrag solider, aber unspektakulärer Güte. Die freundliche Dame im Service sagte uns, dass Frau Li mittags allen etwas bieten möchte, auch denen, die asiatisch nicht so mögen. Zubereitet würde aber alles von ein und demselben chinesischen Koch.

Interessantes Konzept, dachten wir - und kamen dann doch lieber abends wieder, als die weltbürgerbereinigte Speisekarte ausgelegt wurde. Da zeigte sich nun die wahre Schönheit von Frau Li, die es in Wahrheit nicht gibt, sondern der Legende um Fu Xi entstammt. Darin taucht eine Frau Li auf, die sich entflammt der Kochkunst widmet. Ihr zu Ehren hat Hong Zixing, der auch das hübsche Mao in der Schleißheimer Straße führt, also das Lokal im ehemaligen Mezzo Cobar eröffnet.

Breit inspiriert

Das Interieur ist breit inspiriert wie die Küche, die 50er, 60er und 70er werden fein in Einklang gebracht. Die Wände sind mit Türen und Schubläden aus alten Schrankwänden getäfelt, es gibt Resopaltische mit kubischen Beinen, an der Wand hängt eine Lomokamera und ein orangefarbener Föhn, der eingesteckt ist und für Beachtung sorgen wird, sollte er tatsächlich mal über anderer Leute Teller betätigt werden.

Wir wählen im Scheine warmen Lichts Tom-Yam-Suppe (4,90 Euro), die nicht die typisch fruchtige Thaischärfe hatte, sondern ebenso schön warmwürzig war. Teigtaschen à la Shangdong (5,90 Euro), mit Rindfleisch und Spitzkohl gefüllt, mundeten gut in einer scharfen Chili-Soja-Tunke.

Als Hauptgang orderten wir "Ameisen auf dem Baum" (11,90 Euro) und "Frau Lis Rotes Fleisch" (13,90 Euro), was hervorragend klingt - und ebenso schmeckte. Die Ameisen waren eine Art Asiaversion von Spaghetti Bolognese: Gebratene Reisnudeln waren in einer scharfen Chili-Ingwer-Knoblauch-Soße mit Rinderhack geschwenkt, die besondere Note bekamen sie durch das Fünf-Finger-Gewürz, in dem mitunter Anis, Nelken und Zimt für eine weihnachtliche Note sorgten, die selbst im Sommer schmeckt.

Das "Rote Fleisch" entpuppt sich als karamellisierter Schweinebauch. Der schwabbelspeckdurchzogene Grillklassiker könnte einen vom Bestellen abschrecken, sollte das aber nicht tun. Das zarte Fleisch schmeckte saftig, knackiger Chinakohl begleitete es, die Soße war wieder sehr aromatisch. Der Dritte im Bunde wählte den gegrillten Wolfsbarsch mit Gemüse (14,90 Euro). Der Fisch war zartschmelzend, das Gemüse fein gewürzt, etwas deutlichere Schärfe hätte das Gericht perfekt gemacht. Wohlgestimmt rundeten wir das Mahl mit Kokosbällchen (3,20 Euro) und gegrillter Ananas (3,90 Euro) ab. Beides war gut, aber an die Raffinesse der Hauptgerichte reichten sie nicht heran.

Frau Li hat viele Gesichter. Es gibt bei ihr Lasagne und Pok Choi. Primitivo und Reisschnaps. Käsekuchen und Dumplings. Auf der Toilette liegen Wallpaper und Sportbild. Bei Frau Li findet alles harmonisch zusammen. Irgendwie passt das zum Westend.

Frau Li, Franziska-Bilek-Weg 1, Tel. 089-50 07 32 98, www.frauli-muenchen.de. Öffnungszeiten Mo-Sa. 10 Uhr bis 23 Uhr, Sonntag Ruhetag.

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