Protest gegen Mohammed-Video:Demonstranten stürmen westliche Botschaften

Eine wütende Menge attackiert die deutsche Vertretung in Sudan und steckt sie in Brand. Außenminister Westerwelle verurteilt die Gewalt. Auch die US-Botschaft in Tunis wurde gestürmt - mindestens drei Menschen starben.

Tomas Avenarius, Beirut, und Daniel Brössler, Berlin

Die Welle antiwestlicher Gewalt in der islamischen Welt hat am Freitag auch eine deutsche Einrichtung getroffen. Im Zentrum der sudanesischen Hauptstadt Khartum stürmten Demonstranten die deutsche Botschaft und steckten sie in Brand. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bestätigte, das Gebäude sei "teilweise in Flammen gesetzt worden". Zur Zeit des Angriffs hätte sich aber keiner der Mitarbeiter im Gebäude befunden. Sie seien in Sicherheit. Die Polizei vertrieb die Angreifer mit Tränengas. Die Demonstranten attackierten auch die in unmittelbarer Nähe gelegene britische sowie die US-Botschaft.

Auslöser der Unruhen ist ein in den USA produzierter antiislamischer Film. Laut sudanesischen Medien hatten Islamisten den Film mit angeblichen Mohammed-Karikaturen vor Berliner Moscheen verglichen. Sudan hatte die Bundesregierung zudem kritisiert, weil sie Demonstrationen von deutschen Rechtspopulisten mit solchen Karikaturen zugelassen habe.

Die Angreifer in Khartum rissen die deutsche Flagge herunter und ersetzten sie laut einem Bericht des TV-Senders al-Dschasira durch eine schwarze Fahne, das Banner radikaler Islamisten. Die Vertretung war, wie in islamischen Ländern freitags üblich, geschlossen. Ein Mitarbeiter sagte der Süddeutschen Zeitung am Telefon, er und seine Kollegen verfolgten die Nachrichtenlage, befänden sich aber nicht in der Nähe der angegriffenen Botschaft. Dort sind sieben deutsche Diplomaten beschäftigt.

"Ich verurteile dieses schändliche Video"

Schon am Freitagmorgen war der sudanesische Botschafter in Berlin einbestellt worden. Er sei "unmissverständlich auf die Pflicht seiner Regierung zum Schutz diplomatischer Einrichtungen hingewiesen" worden, sagte Westerwelle. Die Tatsache, dass der Botschafter noch vor der Eskalation der Lage einbestellt wurde, spricht dafür, dass Informationen aus der Region auf eine konkrete Bedrohung deutscher Einrichtungen hindeuteten. "Wir beobachten die Lage in unseren Gastländern immer sehr genau und gehen jedem Hinweis nach", sagte Westerwelle. Bereits am Donnerstag hatte Westerwelle die Verstärkung der Sicherheit an mehreren deutschen Auslandsvertretungen angeordnet.

Der Außenminister verurteilte die Angriffe. "Ich verstehe die Empörung in der islamischen Welt über dieses antiislamische Hassvideo. Ich verurteile dieses schändliche Video", sagte Westerwelle. Es sei aber keine Rechtfertigung für Gewalt.

Auch in anderen Ländern der muslimischen Welt kam es nach dem Freitagsgebet erneut zu Protesten und teils wieder zu Gewalt. Beim Sturm auf die amerikanische Botschaft in Tunis starben mindestens drei Menschen. In Kairo gingen die Straßenschlachten zwischen der Polizei und den Demonstranten weiter, eine Person starb. Ägyptens Staatschef Mohammed Mursi verurteilte "jeden verderblichen Versuch, den Propheten des Islam zu beleidigen". Er lehne aber Gewalt gegen US-Vertretungen ab. Alle Muslime sollten "ausländische Gäste" schützen. Im jemenitischen Sanaa verlegte die US-Armee 52 zusätzliche Marineinfanteristen in die Vertretung. Relativ ruhig blieb es in Libyen, wo vor drei Tagen bei einem Angriff auf das US-Konsulat in Bengasi der US-Botschafter und drei Mitarbeiter getötet worden waren.

Die Ereignisse überschatteten auch den Besuch von Papst Benedikt XVI. in Libanon. Bei Protesten in Tripoli starb ein Demonstrant. In Beirut warnte der Papst vor religiösem Extremismus: "Fundamentalismus ist Verzerrung ", sagte er. Im Zentrum der Papst-Reise stehen die orientalischen Christen, die sich durch das Erstarken radikalislamischer Gruppen in ihrer Existenz bedroht sehen.

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