Unruhen wegen Anti-Islam-Film:Hisbollah ruft zu Protesten gegen Mohammed-Video auf

Der Führer der radikalen Hisbollah-Miliz, Hassan Nasrallah, fordert im Libanon Demonstrationen gegen das Schmähvideo. Er verlangt, dass "diejenigen, die die Produzenten unterstützen und beschützen" zur Verantwortung gezogen werden - die USA. In Deutschland wenden sich Oppositionspolitiker gegen ein Aufführverbot des Films: Er sei dämlich, aber ohne strafbaren Inhalt.

Die radikalislamische Hisbollah im Libanon hat für den heutigen Montag und die Folgetage zu Protesten gegen den islamfeindlichen Film "Unschuld der Muslime" aufgerufen, der in den vergangenen Tagen zu Angriffen auf westliche Einrichtungen in der muslimischen Welt geführt hat.

Der Führer der Miliz, Scheich Hassan Nasrallah, forderte seine Anhänger auf, nicht nur ihren Ärger gegen US-Botschaften zu richten, sondern ihre Regierungen zum Handeln aufzurufen. Diese müssten darauf dringen, dass der Prophet Mohammed und der Koran auf der ganzen Welt respektiert würden. Er sehe in dem Film einen Versuch, Unfrieden zwischen Christen und Muslimen in der Nahostregion zu stiften. Die US-Regierung nutze die Redefreiheit als Rechtfertigung für die Ausstrahlung des Films.

Gleichzeitig machte er die USA für den Film verantwortlich. "Diejenigen, die zur Verantwortung gezogen und boykottiert werden sollten, sind diejenigen, die die Produzenten unterstützen und beschützen, nämlich die US-Regierung", sagte Nasrallah am Sonntag in einer im Fernsehen übertragenen Rede.

Nasrallah kündigte an, die Hisbollah werde die ganze Woche über Demonstrationen im gesamten Libanon organisieren. Außerdem forderte er eine internationale Vereinbarung, die Angriffe auf Religionen in Zukunft verbietet. Er erklärte, er habe sich mit Äußerungen zu dem Film zurückgehalten, bis Papst Benedikt XVI. seinen dreitägigen Besuch im Libanon am Sonntag beendet habe.

Das Video, von dem bislang nur Schnipsel im Internet zu sehen waren, verunglimpft den Propheten Mohammed und hat in islamischen Ländern zu schweren Krawallen und Ausschreitungen gegen westliche Vertretungen geführt.

Proteste in Karatschi

In der pakistanischen Metropole Karatschi protestierten am Sonntag mehrere hundert Islamisten vor dem US-Konsulat gegen das Schmähvideo. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, die Demonstranten mit Tränengas und Wasserwerfern hinderte, in das schwerbewachte Konsulat einzudringen. Angaben der Demonstranten, dass es dabei einen Toten und mehrere Verletzte gegeben habe, wurden zunächst nicht bestätigt. In Kairo, wo die Massendemonstrationen am Dienstagabend ihren Anfang genommen hatten, räumten Sicherheitskräfte den zentralen Tahrir-Platz.

Der Vorsitzende des Obersten Rates der Religionsgelehrten und Groß-Mufti von Saudi-Arabien, Scheich Abdulasis bin Abdullah al-Scheich, mahnte die Muslime, sich nicht aus Wut dazu verleiten zu lassen, unschuldige Menschen zu töten und öffentliche Einrichtungen anzugreifen. Wer seinem Zorn nachgebe, mache sich letztlich nur zum Erfüllungsgehilfen der Urheber des Mohammed-Films, erklärte er.

Der mutmaßliche Drahtzieher des Videos "Unschuld der Muslime" wurde inzwischen von den US-Behörden befragt. Der 55-jährige Nakoula Basseley Nakoula soll laut US-Medienberichten ein verurteilter Bankbetrüger sein. Wegen seiner kriminellen Vergangenheit sei dem koptischen Christen auch für fünf Jahre der Zugang zum Internet verboten worden.

Deutsche Politiker bezweifeln Aufführungsverbot

In Deutschland haben sich Politiker von SPD und Grünen derweil gegen ein Verbot der Aufführung des Films gewandt. "Eine bloße außenpolitische Rücksichtnahme reicht nicht aus, die Grundrechte zu beeinträchtigen", sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz der taz. Verbote könnten nur das letzte Mittel sein.

Hassan Nasrallah called for a massive demonstration to denounce a

Die Hisbollah schaltet sich ein: Hassan Nasrallah ruft zu Protesten gegen das Mohammed-Video auf.

(Foto: dpa)

Auch Grünen-Geschäftsführer Volker Beck sieht für ein Verbot keine Grundlage. "Nach dem, was ich gesehen habe, ist der Film eine geschmacklose Dämlichkeit, aber ohne strafbaren Inhalt."

Die rechtspopulistische Splitterpartei Pro Deutschland plant, das umstrittene Video öffentlich aufzuführen. Nach Angaben von Lars Seidensticker, Berliner Chef von Pro Deutschland, so die taz, soll der Film im November in einem Berliner Kinosaal aufgeführt werden.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, warnte vor den Folgen, sollte Pro Deutschland seine Ankündigung wahr machen. "Das kann sehr gefährlich werden", sagte Wendt den Ruhr Nachrichten. "Auch in Deutschland gibt es ausgesprochen aggressive Islamisten. Man muss damit rechnen, dass ein kleiner Funke genügt und es explodiert gleich an verschiedenen Stellen."

Zugleich zeigte sich Wendt skeptisch, dass eine öffentliche Aufführung des Videos unterbunden werden kann. "Wir sind ein freies Land mit Meinungsfreiheit", sagte er. "Sofern in diesem Film keine Straftatbestände verwirklicht werden, wird man das kaum verhindern können."

Friedrich fordert mehr Respekt

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, sprach von einer "inakzeptablen und sinnlosen Provokation, die letztlich den Frieden und die Christen weltweit gefährdet". Die gewaltsame Eskalation in der arabischen Welt erfülle ihn mit Sorge, sagte er der Passauer Neuen Presse.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) setzt sich entschieden gegen eine Aufführung des antiislamischen Schmähvideos und für mehr Respekt gegenüber Religionen ein. "Gefragt ist jetzt die Klugheit aller, sich nicht provozieren zu lassen", sagte er der Bild-Zeitung. "Der Film reiht sich ein in eine ganze Serie von Geschmacklosigkeiten und Missachtungen von religiösen Gefühlen. Ich fordere daher mehr Respekt für die religiösen Gefühle von Menschen, seien es Christen, Juden oder Muslime."

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland lobte die entschiedene Reaktion der Politik. "Die Bundesregierung hat das Video klar verurteilt. Das begrüßen wir", sagte Verbandschef Aiman Mazyek den Ruhr Nachrichten. Die Politik zeige, dass sie die Situation verstanden hat.

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