FC Bayern gewinnt auf Schalke:Heynckes, Herr der Rotation

"Ich bin nicht mehr bereit, immer zu erklären, warum ich die Spieler wechsele": Nach dem 2:0 bei Schalke 04 macht Bayern-Trainer Jupp Heynckes Werbung für seine Rotationspolitik. Jeder Spieler müsse damit rechnen, auch mal auf der Bank zu landen. Ein Sonderlob bekommt Thomas Müller.

Hendrik Buchheister, Gelsenkirchen

Wer beim FC Bayern Fußball spielt, muss für sein Geld mehr tun, als bloß gewissenhaft trainieren und am Wochenende die Farben des Klubs in den Bundesligastadien vertreten. Erstmal kommt die Belastung durch den Pokal und die Champions League hinzu, wo die Münchner für gewöhnlich bis zum Ende dabei sein wollen. Außerdem ist der FC Bayern der größte Unterhaltungsbetrieb im deutschen Profifußball. Daraus resultieren gewisse Pflichten: Fototermine, Autogrammstunden, Werbedrehs, solche Sachen.

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"Ich bin nicht mehr bereit, immer zu erklären, warum ich die Spieler wechsele": Bayern-Trainer Jupp Heynckes.

(Foto: AFP)

Trainer Jupp Heynckes hat nach dem 2:0 (0:0) bei Schalke 04 am Samstag auf die lange Liste an Aufgaben verwiesen, die seine Mannschaft zu bewältigen hat. "Und jetzt kommt auch noch die Wiesn dazu", stöhnte er. Es ist nicht so, dass er die Öffentlichkeit um Mitleid für seine Fußballer bitten müsste. Er wollte nur darauf deutlich machen, dass so eine Saison mit allem Drum und Dran einen gewissen Verschleiß mit sich bringt, weshalb er sich gezwungen sieht, seine Mannschaft immer wieder zu verändern.

Noch in der Gelsenkirchener Arena betrieb Heynckes also Werbung für sich und für seine Rotationspolitik. Am Samstag saß zum Beispiel der hochpreisige Javier Martínez auf der Auswechselbank, die im Grunde Einwechselbank heißen müsste, weil Martínez dann ja noch eingewechselt wurde in der 70. Minute. In der Champions League gegen Valencia am Dienstag hatte der Zugang aus Spanien noch von Beginn an spielen dürfen, erstmals seit seinem Umzug nach München.

Heynckes reagierte genervt auf die Frage, warum Martínez am Samstag nicht in der Startaufstellung aufgeführt war, dafür aber Luiz Gustavo, der die Sechserposition im Mittelfeld neben Bastian Schweinsteiger einnahm: "Ich bin nicht mehr bereit, immer zu erklären, warum ich die Spieler wechsele." Insgesamt müsse jeder seiner Leute damit rechnen, ab und an eine Pause zu bekommen. Heynckes sagt, es gehe ihm dabei um das wohl des Vereins: "Jeder muss sein Ego zurück stellen, jeder muss auch mal auf die Bank."

Zuletzt saß da auch Thomas Müller, aber gegen Schalke wuselte der Nationalspieler von Anfang an, weil Franck Ribéry verletzt ausfiel. Müller bereitete dann das 1:0 durch Toni Kroos in der 55. Minute vor und schoss das 2:0 kurz danach selbst. Ein Reporter wollte hinterher wissen, ob man an diesem Nachmittag wieder den alten Müller gesehen habe, aber Müller konnte mit dieser Frage nichts anfangen: "Was ist denn der alte Müller?"

Überragender Müller

Beispielsweise einer, der Tore vorbereitet und auch welche schießt. Diesbezüglich zeigte der Offensivmann am Samstag eine Leistung, wie sie sich sein Trainer wünscht. Auch wenn Müller ein paar Bälle versprangen und das Feintuning nicht immer stimmte, dachte Heynckes nach eigener Aussage nicht eine Sekunde daran, Müller auszuwechseln: "Er war laufstark, immer agil und ist unberechenbar", sagte Heynckes. Überhaupt spiele Müller "eine überragende Saison".

Das gilt auch für Kroos, der sich in der Mitte der offensiven Mittelfeldreihe offensichtlich wohl fühlt wie ein Wiesnwirt im Festzelt. Sein Tor schaffte Klarheit zu Gunsten der Münchner, die eine schwierige Phase zu überstehen hatten am Ende der ersten Halbzeit: "In den letzten 15 Minuten vor der Pause hat es bei uns gebrannt", sagte Torhüter Manuel Neuer, "da waren wir froh, dass wir die Null halten konnten."

In der zweiten Halbzeit ließen die Bayern aber keinen Zweifel daran, wer dieses Spiel gewinnen würde. Schalkes Trainer Huub Stevens erkannte, dass seine Mannschaft "fast nur noch nach hinten gelaufen" sei, was natürlich "auch mit der Qualität des Gegners" zu tun gehabt habe.

Für Bayerns Trainer Heynckes deutet der Erfolg auf eine gelungene Transferpolitik hin. Neben Ribéry habe ja auch Mario Gomez gefehlt, sagte er, daher sei es "sicher von Vorteil, dass wir Spieler gekauft haben, die das kompensieren können". Anstelle des aus Wolfsburg übernommenen Mario Mandzukic hätte zum Beispiel ja auch der von Werder Bremen verpflichtete Claudio Pizarro stürmen können. Wie in der Champions League gegen den FC Valencia.

"Wir brauchen einen breiten Kader, um den Kräfteverschleiß aufzufangen", erklärte Heynckes. Dass er in der Schlussphase des Spiels noch einen Martínez auf der Bank sitzen hat, ist für ihn auf der einen Seite also Luxus. Auf der anderen aber auch eine Notwendigkeit.

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