Brief an Post und Telekom:Steinbrücks dumme Verteidigung

Der Bettelbrief an zwei Großunternehmen wird für Ex-Finanzminister Peer Steinbrück noch Nachwirkungen haben. Gleich zwei Fehler hat er begangen - nun muss er eine Menge Geduld aufbringen, um potenzieller Kanzlerkandidat der SPD zu bleiben.

Nico Fried

Über seinen Stil beim Schach hat Peer Steinbrück einmal gesagt: "Ich spiele oft impulsiv." Das passt auch ganz gut zu dem Bettelbrief, den Steinbrück als Bundesfinanzminister 2006 an Telekom und Post geschickt hat, um sie zu einem Sponsoring der Schach-Weltmeisterschaft in Bonn zu bewegen. Steinbrück hat das Schreiben offenbar aufgesetzt, ohne ausreichend lange darüber nachzudenken. Ein solches Schreiben auf Briefpapier des Ministers (ohne Bundesadler) abzufassen, ist aber eine Dummheit - und sich nun darauf zu berufen, für die "große Schachgemeinde" gehandelt zu haben, ist gleich die zweite. Steinbrück kann sich zum Sachwalter seines Hobbys machen, der Bundesfinanzminister nicht.

Peer Steinbrück diskutiert mit Kindern

Wird eine Menge Geduld brauchen, um seinen Bettelbrief an Telekom und Post zu erklären: der potenzielle SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück.

(Foto: dpa)

Es ist eine angemessene Strafe für Steinbrück, nun mit Jürgen Möllemann und Wolfgang Thierse in einem Atemzug genannt zu werden. Der damalige Bundeswirtschaftsminister von der FDP trat 1993 zurück, nachdem er unter dem Briefkopf seines Ministeriums (mit Bundesadler) Werbung für den Einkaufswagen-Chip eines Schwippcousins betrieben hatte. Thierse, wie Steinbrück Sozialdemokrat, versuchte 2007 - angeblich aus Versehen - auf dem Briefpapier des Bundestagsvizepräsidenten einen Wochenmarkt vor seiner Haustür zu verhindern.

Der Unterschied zu Möllemann liegt darin, dass Steinbrück niemanden in seiner Familie bereichern wollte. Der Vorwurf der Vetternwirtschaft ist ihm nicht zu machen. Möllemann trat im Übrigen auch gar nicht wegen des Werbebriefes zurück, wie er am 3. Januar 1993 betonte, sondern weil er bei der Aufarbeitung der Affäre im ersten Durchgang nicht die Wahrheit gesagt hatte. Ähnlicher sind sich da schon die Fälle Thierse und Steinbrück: Die beiden Herren wollten sich halt wichtig machen.

Dass der Finanzminister Steinbrück dabei ausgerechnet an zwei Unternehmen schrieb, an denen der Staat beträchtliche Anteile hat, legt schon den Verdacht nahe, dass die Bedeutung des Amtes den Brief aufwerten sollte. Dass sich sowohl Telekom und Post dem Ansinnen Steinbrücks verweigerten, erleichtert es dem Ex-Minister wiederum heute, den Vorwurf zu kontern, er habe Druck auf die beiden Unternehmen ausgeübt. Im Fall des damaligen Postchefs Klaus Zumwinkel stellte sich später bekanntlich heraus, dass er gegenüber dem Finanzminister ganz prinzipiell zum Geizen neigte, auch wenn es nicht um Schach ging.

Bei der Eröffnung der WM übrigens fehlte Steinbrück sehr zu seinem Ärger: Wegen der Finanzkrise war der Minister an jenem Tag in Berlin unabkömmlich. Das ändert wenig daran, dass die ganze Geschichte für Steinbrück heute misslich ist. Und seine Gegner werden weitere Fragen an ihn haben, zum Beispiel zu seinen Vorträgen, seinen Honoraren und seinen Gastgebern. Wenn er als Kanzlerkandidat der SPD im Rennen bleiben will, wird er das alles erklären müssen. Die dafür notwendige Geduld aufzubringen, dürfte einem wie Peer Steinbrück womöglich schwerer fallen als die Erläuterung in der Sache.

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