Streit um S-Bahn-Ausbau:Ude watscht die Grünen ab

Weil der Koalitionspartner beim zweiten S-Bahn-Tunnel nicht mitzieht, verbündet sich die SPD nun mit der CSU. Beide wollen dem Flughafen ein Darlehen streichen, um die 350 Millionen Euro große Finanzierungslücke zu schließen. Auf Einwände reagiert Oberbürgermeister Ude wütend.

Dominik Hutter

Im Dauerstreit um den Münchner S-Bahn-Ausbau hat Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) seinen grünen Koalitionspartner in ungewöhnlich heftiger Weise abgewatscht und damit öffentlich brüskiert. "Münchenfeindlich" sei die Haltung der Partner-Fraktion, und "im Ergebnis töricht" - agiere die Stadt so, wie es sich die Grünen vorstellen, stehe man am Ende mit leeren Händen da. Was vermutlich das Ziel der grünen Tunnel-Gegner sei, sekundierte CSU-Stadtrat Manuel Pretzl, dessen Partei der SPD schließlich in einer Art Großen Koalition eine Mehrheit verschaffte: Ja zur Rückforderung der Flughafen-Darlehen. Und Ja zu einer zweckgebundenen Verwendung des Geldes für den Bau des zweiten S-Bahn-Tunnels. Grüne, FDP, Linke und ÖDP stimmten dagegen.

Auslöser des Udeschen Ausbruchs im Wirtschaftsausschuss des Stadtrats war ein Änderungsantrag der Grünen, die Darlehen, die Freistaat, Bund und Stadt dem Flughafen zwischen 1988 und 1993 gegeben haben, zwar zurückzufordern, aber auf eine Zweckbindung zu verzichten. "Wir halten es für problematisch, wenn städtisches Geld in ein Projekt wie den Stammstreckentunnel gesteckt wird", betonte Grünen-Fraktionschefin Lydia Dietrich, die allerdings einräumen musste, dass dies nicht die einhellige Meinung der gesamten Fraktion ist. Eine Minderheit teile die Haltung Udes.

Die Idee, die 350 Millionen Euro umfassende Finanzierungslücke beim zweiten S-Bahn-Tunnel mit Hilfe der Flughafen-Darlehen zu stopfen, stammt von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) - und ist in den Augen Udes ein "wirklich faires, ausgewogenes und für alle Parteien verträgliches Konzept". SPD-Fraktionschef Alexander Reissl sieht darin sogar den "letzten Versuch, zu einer Lösung zu kommen".

Das Darlehen umfasst, nach einer Teil-Tilgung im Jahr 2006, noch rund 491 Millionen Euro. Davon gehören 250 Millionen dem Freistaat, 128 Millionen dem Bund und 113 Millionen der Stadt. Um das Geld zurückzufordern, ist in der Gesellschafterversammlung ein einstimmiger Beschluss notwendig. Der Bund, das räumt auch Ude ein, hat sich bislang dazu nicht geäußert. Der OB geht aber davon aus, dass sich Berlin nach einem Schulterschluss von Freistaat und Stadt dem "moralischen Druck" nicht mehr entziehen kann. Immerhin gehe es um das wichtigste Infrastrukturprojekt des Großraums München.

Keine Unterstützung für das Berliner "Pleiteprojekt"

Folge der Stadtrat dagegen dem Vorschlag der Grünen, verzichte er auf fast 400 Millionen Euro, warnte Ude. Denn ohne Zweckbindung seien die Anteile von Bund und Freistaat den Begehrlichkeiten anderer Regionen ausgeliefert und stünden mit Sicherheit nicht in kompletter Höhe für München zur Verfügung. Das Projekt S-Bahn-Tunnel stehe dann vor dem Aus.

Auch CSU-Mann Pretzl will verhindern, dass der Bund das am Münchner Flughafen erwirtschaftete Geld dafür verwende, sein "Pleiteprojekt in Berlin durchzuziehen" - eine Anspielung auf das Desaster am neuen Berliner Flughafen, an dem der Bund ebenfalls Anteile hält.

Für noch wahrscheinlicher hält Ude freilich die Variante, dass bei einem Verzicht auf eine Zweckbindung der Deal ganz platzt. Dann bleibe das Geld beim Flughafen, und der S-Bahn-Ausbau verzögere sich "auf unbestimmte Zeit". Bund und Freistaat hatten der Stadt bereits 2002 eine Rückzahlung ohne Zweckbindung verweigert.

Ohne Mehrheit blieb ein Änderungsantrag der FDP. Die Liberalen, deren Minister Martin Zeil zu den wichtigsten Verfechtern des Tunnels gehört, wollten das Flughafen-Geld lieber in die U-Bahn investieren.

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