Elektroautos in Deutschland:So wird das nichts

Auch wenn die Autoindustrie es anders sieht: Das Elektroauto ist eine gute Idee. Doch bei dem ehrgeizigen Projekt, mehr Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen, gibt es Probleme. Die Unternehmen arbeiten nicht genug zusammen, der Staat tut zu wenig. Dabei steht für Deutschland viel auf dem Spiel.

Karl-Heinz Büschemann

Die Planer waren begeistert, ihre Ideen ehrgeizig. 2020 sollten in Deutschland eine Million Elektroautos fahren. Das mit Strom getriebene Auto sollte Benzin sparen und die Umwelt schützen. Die Regierung sagte Unterstützung für dieses Projekt zur Modernisierung des Verkehrs zu. Kanzlerin Merkel machte sich zur Patin des E-Autos. Das ist noch keine zwei Jahre her. Jetzt werden die Pläne nach unten korrigiert. In acht Jahren wird es wahrscheinlich nur 600 000 Autos geben. In diesem Jahr wurden nur 2200 Stück zugelassen. Am Montag versuchten Kanzlerin und Vertreter der Industrie, die Verzögerung mal wieder elegant wegzureden.

Das Elektroauto ist eine gute Idee, auch wenn die Autoindustrie es anders sieht. Das immer knappere Erdöl und steigende Spritpreise machen Schluss mit der Illusion, dass Autofahren noch lange mit Benzin oder Diesel problemlos möglich sein wird. Die Klimaerwärmung ist ein noch wichtigeres Argument, um Autos zu planen, die mit Strom von der Sonne betrieben werden. Daher stieß das E-Auto auch auf breites Interesse, und die Industrie begann, Milliarden in Stromautos zu investieren.

Doch inzwischen überwiegt die Skepsis. Die Automanager klagen, das E-Auto sei so teuer, die Entwicklung schwierig. Die Kunden wollten die Autos wegen des hohen Preises und niedriger Reichweiten nicht kaufen. Die Bürger sollten sich keine falschen Hoffnungen machen. Die Sache werde dauern. Wie zum Beleg dafür teilte Toyota mit, man habe die Weiterentwicklung von batteriebetriebenen Autos gestoppt. General Motors und Opel haben die Produktion ihres Stromautos ausgesetzt.

Gewaltiges Risiko

Es läuft nicht gut für das Projekt Elektroauto, nicht zuletzt, weil der Autoindustrie das beherzte Bekenntnis dazu fehlt. Die Beharrungskräfte sind stark. Die Branche versteht mehr von Kolben und Ventilen als von Elektrotechnik. Zudem ist nicht klar, ob sich die Milliarden amortisieren, die in das Auto von morgen investiert werden. Das Risiko ist gewaltig.

Die Unternehmen arbeiten zu wenig zusammen. Autoindustrie und Stromkonzerne, die den Treibstoff von morgen liefern sollen, arbeiten aneinander vorbei; von der internationalen Zusammenarbeit gar nicht erst zu reden. Nach Jahren der Debatte hat sich die Autoindustrie in Europa bis heute nicht auf technische Standards geeinigt. Nicht einmal gemeinsame Ladestecker gibt es bisher. So wird das nichts. Lieber rufen die Manager nach Subventionen und Verkaufshilfen für die Stromer.

Der Staat tut nicht genug

Der Staat tut ebenfalls nicht genug. Die Kanzlerin sucht noch nach dem richtigen Konzept. Das wurde am Montag nach dem Gespräch im Kanzleramt deutlich, als sie mehrmals sagte, man werde sehen, was der richtige Weg sein werde. Berlin fördert Forschung und Entwicklung, was richtig ist. Aber das lässt sich noch verbessern. Der Staat versucht die vielen Branchen, die an dem Projekt beteiligt sind, zu koordinieren. Das ist ebenfalls gut. Aber es fehlt die aktive Unterstützung.

Behörden und Staatsfirmen könnten dem E-Auto zum Durchbruch verhelfen, indem sie Stromautos für ihre Flotten kaufen. Das hätte einen Werbeeffekt, würde die Stückzahlen erhöhen und die Autos schrittweise billiger machen. Das ist besser, als Verkaufshilfen zu zahlen, von denen nicht mal klar ist, wem sie helfen sollen. Die meisten Hersteller haben noch gar keine Stromautos im Sortiment, deren Absatz gefördert werden könnte.

Für dieses Land steht viel auf dem Spiel. Es verdankt seinen Wohlstand auch der Autoindustrie. Es wäre gefährlich, zuzuwarten und nicht alle technischen Möglichkeiten zu erforschen. Niemand weiß, wann sich das elektrische Auto durchsetzt. Es ist nicht einmal klar, wie es genau aussehen wird. Aber Zögern ist gar keine Lösung.

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