Hilfe bei Erkältung:Aussichtslose Allzweckwaffen

Sie sollen alle Erkältungssymptome auf einmal bekämpfen. Kombinationspräparate, Nahrungsergänzungsmittel und diverse Hausmittel werden als Alleskönner angepriesen. Halten sie, was sie versprechen? Ein Überblick über die Wirksamkeit von Mitteln bei Erkältungen: von Antibiotika bis Zink.

Berit Uhlmann

In der Werbung sieht es so einfach aus: Eine Tablette nehmen und all die lästigen Erkältungsbeschwerden sind verschwunden. Warum den brummenden Schädel mit komplizierten Dosierungsanleitungen von verschiedenen Tropfen, Sprays, Pillen und Säften behelligen, wenn man mit einer Kombinationsarznei gleich alles auf einmal erledigen kann? An Angeboten fehlt es den Apotheken jedenfalls nicht: Grippostad C, Wick MediNait und Wick DayMed sind nur die bekanntesten dieser Mittel. Doch Experten sehen diese Präparate skeptisch.

Egal, was die Werbung suggeriert, es gibt auf dieser Welt kein Medikament, das die mehr als 200 Viren, die für die Erkältung verantwortlich sind, ursächlich bekämpfen könnte. Hoffnung können sich Geplagte allenfalls darauf machen, dass ihre Symptome gelindert werden. Dabei allerdings sind die Kombinationspräparate den Einzelpräparaten unterlegen.

Sie sind eher Schrotschuss-Mittel, die in jede Richtung ein bisschen wirken. In vielen Fällen reicht die Dosis der einzelnen Wirkstoffe nicht aus, um effektiv Linderung zu verschaffen - oder die Wirkung ist gar nicht erst bewiesen.

So ist in Wick DayMed und Wick MediNait das Hustenmittel Dextromethorphan nur gering dosiert und dürfte kaum Wirkung zeigen. Beide Mittel enthalten genauso wie Grippostad C und Doregrippin zudem abschwellende Mittel gegen Schnupfen. Normalerweise werden diese Wirkstoffe in Form von Tropfen oder Sprays direkt auf die Nasenschleimhaut aufgetragen. Ob sie innerlich eingenommen auch wirken, ist nicht sicher nachgewiesen.

Was die Kombinationspräparate sogar gefährlich machen kann, sind ihre Hauptbestandteile: Die Schmerzmittel Paracetamol (wie in Grippostad C, Wick MediNait und Wick DayMed und Doregrippin) und Aspirin (beispielsweise in Aspirin Complex). Oft wissen die Kranken gar nicht, dass ihr Grippemittel bereits Schmerztabletten enthält und schlucken zusätzlich noch das gleiche Mittel gegen ihre Kopf- und Gliederschmerzen.

Im Fall von Paracetamol kann dies besonders gefährlich werden, denn der Spielraum bis zur Überdosis ist klein. Abhängig von der Konstitution beginnt ab etwa fünf Gramm die lebertoxische Wirkung. Schon ungefähr zehn Gramm des Wirkstoffs können tödlich sein. Wer beispielsweise vom Mittel Doregrippin - wie empfohlen - drei Mal täglich zwei Tabletten einnimmt, ist bereits bei drei Gramm angelangt. Nimmt er zusätzlich noch Paracetamol ein, kann die kritische Dosis erreicht werden.

Auch Aspirin hat bedenkliche Nebenwirkungen, allen voran die Neigung zu Blutungen, die noch lange nach der Tabletten-Einnahme anhalten kann. Kay Brune, Pharmakologe an der Universität Erlangen-Nürnberg, sagt: "Aspirin entfaltet seine schmerzlindernde Wirkung für etwa vier Stunden, zeigt aber Nebenwirkungen für vier Tage. Welcher Verbraucher weiß das schon?".

Ein ähnlicher ebenfalls gefährlicher Schrotschuss ist die Einnahme von Antibiotika bei einer Erkältung. Diese Medikamente bekämpfen Bakterien; den Viren, die die Erkältung auslösen, können sie nichts anhaben. Nun vertreten einige Mediziner die Ansicht, dass zusätzlich zu den viralen oft auch bakterielle Infektionen auftreten, und man das Immunsystem unterstützt, wenn man ihm an der bakteriellen Front hilft. Doch diesem möglichen kleinen Nutzen stehen gleich mehrere Risiken gegenüber: die Nebenwirkungen der Antibiotika, etwa Magen-Darm-Probleme, sowie die Gefahr, dass Erreger gegen die massenhaft eingesetzten Medikamente resistent und damit erst recht gefährlich werden.

Vitamine, Zink und Hühnersuppe

Auch die gerne als sanft bezeichneten naturheilkundlichen Mittel preisen sich mittlerweile als potente Alleskönner an. So sind auch homöopathische Kombinationspräparate gegen Erkältungen im Handel. Einen Wirknachweis gibt es nicht, dafür enthalten sie viel Alkohol. Gleiches gilt für einige pflanzliche Erkältungs-Mittel.

Nahrungsergänzungsmittel sind ebenfalls von fragwürdigem Nutzen. Vitamin C kann akut eingenommen Erkältungsbeschwerden nicht lindern, wie bereits verschiedentlich nachgewiesen wurde. Wer regelmäßig Vitamin-C nimmt, kann die Erkältung um etwa einen halben Tag verkürzen.

Einen kleinen Effekt konnten Forscher bei Zink zeigen. Nahmen Versuchspersonen am ersten Tag ihrer Erkältung zinkhaltige Präparate ein, waren die Beschwerden am siebten Tag geringer als die in der Vergleichsgruppe. Das ist kein sehr großer Nutzen, denn die meisten Erkältungen sind nach einer Woche ohnehin weitgehend abgeklungen und wirklich praktikabel ist auch nicht, was bisher herausgefunden wurde. Denn die Anzahl der Studien ist so klein, dass die Forscher nicht sicher sagen konnten, wer welche Dosen einnehmen sollte.

Nicht besser sieht es bei den Hausmitteln aus: Die Wirkung der Hühnersuppe ist nicht belegt. Den vielzitierten entzündungshemmenden Eigenschaften der Suppe konnten Wissenschaftler zwar auf die Spur kommen - allerdings nur im Reagenzglas, wo die Suppe Veränderungen an bestimmten weißen Blutkörperchen zeigte, die für die Immunabwehr von Bedeutung sind. Außerdem zeigte sich Hühnersuppe in der Lage, den Nasenschleim schneller laufen zu lassen, was durchaus erwünscht sein kann. Allerdings hielt diese Wirkung nur wenige Minuten an und war nur unwesentlich stärker als bei Tee oder heißem Wasser. Anderseits ist gegen die traditionellen Mittel - Suppen, Tees oder Wasser - nichts einzuwenden. Sie führen dem Körper Flüssigkeit zu und schützen ihn damit vor Austrocknung bei Fieber. Außerdem können sie Wohlbefinden und Trost spenden. Und dies ist nicht das Schlechteste, was man im Falle einer üblen Erkältung tun kann.

Ansonsten sind Sie besser beraten, die Symptome der Erkältung einzeln zu lindern.

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