Talkshow "Helge hat Zeit":Quatsch und Musik mit dem lieben Gott

Helge Schneider macht in seiner Show "Helge hat Zeit" auf Lagerfeuer: Fans des Komikers fühlen sich sofort heimisch, Neulinge wegen der entspannten Atmosphäre schnell wohl. Schneider geht auf Nummer sicher - und zitiert immer wieder das eigene Gesamtkunstwerk.

Sascha Gorhau

Helge Schneider

Helge Schneider macht in seiner neuen Show "Helge hat Zeit" im WDR das, was er am besten kann: Quatsch und Musik. 

(Foto: dpa/dpaweb)

Nach eigener Auskunft in Helge Schneiders Lied "Gartenzaun" hat er "das ganze Geld mit Quatsch verdient". Es muss eine Menge Geld sein. Im Gespräch mit dem ersten Gast seiner neuen Show "Helge hat Zeit" im WDR, der Autorin Sibylle Berg, eröffnet Helge dem Publikum, er sei "steinreich geworden". "Durch Glück", wie er diesmal sagt. Und durch Können, sollte man hinzufügen. Denn Helge Schneider ist Deutschlands bester Komiker.

Der WDR kündigt ihn in seinem Programm als Talkmaster an. Das trifft es nicht. Er macht im Grunde dasselbe, das er seit vielen Jahren auf der Bühne tut. Helge Schneider macht Musik. Jazzmusik, die vertonte Kunst des Improvisierens. Dazwischen quatscht er. Und er macht Quatsch. Das ist urkomisch. Er unterhält sich dabei entweder mit sich selbst, dem Publikum oder seinen Musikerkollegen und Handlangern.

Sicherheitshalber hat er einen Teil seiner vertrauten Besetzung mit ins Studio gebracht: Rudi Olbrich spielt Bass, Willy Ketzer Schlagzeug und Teekoch Bodo Oesterling sorgt dafür, dass die Heissgetränke nicht zur Neige gehen. Seine Combo stellt der Gastgeber gleich zu Beginn der Sendung dem Publikum vor, wie bei einem Konzert.

Helge kommt in die Sendung - und gleich zur Sache

Doch sie ist nur Staffage. Helge ist der Chef im Ring. Er kommt in die Sendung - und dann gleich zur Sache: "Wir wollen dann doch mal keine Zeit verlieren. Wir spielen eine Eigenkomposition von mir". Rumms. Hefte raus, Klassenarbeit. Mein Jazz. Jetzt. Das ufert zwar nicht in minutenlange Musikmonologe aus wie in Schneiders Film "Jazzclub", pulverisiert aber sofort alle Befürchtungen, dass es sich bei dieser Sendung um den Standard-Talk von der Stange handeln könnte.

Dann kommt Sibylle Berg. Sie und Schneider kennen sich schon lange. Sie quasseln-popasseln erst über Dödel, dann über ein Buch von ihr. Doch Helge will wieder Musik machen. Es folgt der erste Auftritt der US-Musikerin Butterscotch. Sie beatboxt, singt, spielt Gitarre. Schneider spielt Orgel dazu. Die beiden haben schon öfter zusammen musiziert.

Schneider mag das, diese Wärme. Er hat gerne Menschen um sich, die er kennt. Er umgibt sich in der Sendung mit einem Mobiliar, das in jedem seiner Filme hätte Requisite sein können. Wahrscheinlich sieht auch sein Wohnzimmer so ähnlich aus.

Helges Gäste sind oft nur Stichwortgeber

Überhaupt begegnen dem Publikum immer wieder bekannte Versatzstücke aus dem Gesamtkunstwerk von Helge Schneider. Die Puppenspielerin Suse Wächter lässt den lieben Gott "Marmor, Stein und Eisen bricht" intonieren. Schon in seinem Frühwerk "Texas - Doc Snyder hält die Welt in Atem" begegnet Schneider dem lieben Gott. Am Ende seiner Sendung spielen sie sogar gemeinsam auf der Orgel. Ein Kreis schließt sich.

An anderer Stelle mimt Schneider Günter Grass in einem fiktiven Interview mit Alexander Kluge. Dabei hat der Komiker schon etliche Male in Kluges Kulturmagazin "Prime Time/Spätausgabe" bierernst die skurrilsten Charaktere von Karl Marx bis zum Cousin von Asterix gegeben.

Die Sendung hat eine lockere Grundstimmung. Da fällt es kaum noch auf, dass die Gäste oft nur Sparringspartner und Stichwortgeber für den Gastgeber sind. Am meisten bei sich selbst ist der Abend immer dann, wenn Schneider Musik machen darf. Wenn Schauspielerin Sandra Hüllner den Jazzstandard "It's oh so quiet" spielt, dann wirkt Helge am Akkordeon förmlich erleichtert, den banalen Small-Talk zwischen den beiden endlich beenden und musikalisch zu einem krönenden Abschluss bringen zu können.

Helge kann das mit dem Quatsch wie kein Zweiter

Als beim letzten Gast Kurt Krömer der Gesprächsstoff ausgeht, schleppt er ihn kurzerhand zur Installation des Klangkünstlers Simon Rummel, die sich in einem Nebenraum des Wohnzimmers, pardon, Studios, befindet. Rummel und seine Gehilfen bedienen dort einen selbstgebauten Klangapparat und erzeugen eine Sinfonie in F-Moll. Krömer erinnert die Maschine an Lego, Schneider hingegen ist begeistert: "Das ist ein Musikstück und du musst ganz ruhig sein."

Zum Schluss macht Helge noch einmal Musik mit Butterscotch. Die Puppe vom lieben Gott sitzt auf seinem Schoß und musiziert mit. Die "singende Herrentorte" bedankt sich artig bei seinen Gästen und stellt noch einmal seine Band vor. Szenenapplaus für die Musiker. Wie bei einem Konzert. Schneiders Sendung fügt sich lückenlos in sein Gesamtkunstwerk aus viel Quatsch und viel Musik. Er kann das wie kein Zweiter - auch im TV.

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