Landtagswahl 2013:Siegt die CSU in Bayern, ist Merkel ihre Sorgen los

Ein Jahr vor der Landtagswahl sieht es gut aus für die CSU: Die Demoskopen stützen die These vom Wiedererstarken der Partei unter Seehofer - das Möchtegern-Bündnis von Herausforderer Ude wackelt. Weil im Bund wohl kurz danach abgestimmt wird, könnte ein schlechtes Ergebnis der Bayern-SPD Steinbrücks Ambitionen begraben.

Frank Müller

GERMANY-POLITICS-CSU-PARTY CONGRESS

Schafft es Seehofer die Eigenständigkeit der CSU der Wahlkampfdisziplin unterzuordnen? Der bayerische Spitzenpolitiker mit Kanzlerin Merkel auf dem Parteitag der CDU-Schwester in München.

(Foto: AFP)

Hätten die Bayern an diesem Wochenende ihr neues Landesparlament gewählt, dann hätte die CSU wohl die absolute Mehrheit erreicht. Die notorisch schwache SPD dagegen wäre kaum vorangekommen. Horst Seehofer wäre die Lichtgestalt, der Parteichef, der die CSU zu annähernd alter Größe zurückgeführt hat. Und Herausforderer Christian Ude würde erfahren, was schon bekannte Spitzenkandidaten der bayerischen SPD wie Hans-Jochen Vogel oder Renate Schmidt vor ihm erleiden mussten: Man kann ein über die Parteigrenzen hinaus respektierter Politiker sein, und dennoch wollen einem die Menschen den Freistaat nicht anvertrauen.

Noch dauert es ein gutes Jahr, bis die Wahl tatsächlich stattfindet. Das Szenario ist nur eine Momentaufnahme, aber eine mit Effet. Die Demoskopen stützen die These vom Wiedererstarken der CSU einhellig (was die SPD nicht recht wahrhaben will). Der Trend schlägt sich auch nieder in vielen Einschätzungen der bayerischen Politik (woraus die SPD sich gern Kampagnen zusammenreimt).

Und dennoch hat Christian Ude recht: Nichts ist entschieden. In einem einzigen Jahr der schnelllebigen Jetzt-Zeit kann sich mehr verändern als früher in einer ganzen Legislaturperiode - und es ist gerade einmal Halbzeit im bayerischen Wahlkampf. Was selbst aus einem fulminanten Vorsprung in der Schlussphase noch werden kann, hat jüngst die deutsche Nationalmannschaft drastisch erfahren.

Veränderungen hat schon die erste Hälfte der Legislaturperiode gebracht. Die Bayern sahen eine CSU, in der Seehofer allmählich vom stets in Putschgefahr schwebenden Übergangschef zur unumstrittenen Führungsfigur wuchs, weil ihm die wichtigste Mission gelang: die Wunden der Partei zu heilen. Diese rühren aus dem Verlust der absoluten Mehrheit im Jahr 2008 mit einem für bayerische Verhältnisse vernichtenden Wahlergebnis von 43,4 Prozent.

Auf der Gegenseite hatte Ude mit seiner überraschenden Kandidaturansage vor einem Jahr einen guten Start, aber wie wenig hat er doch daraus gemacht! Seine Machtperspektive, die CSU mit einem experimentellen Bündnis aus SPD, Grünen und den in Bayerns Kommunen starken Freien Wählern abzulösen, verliert an Zugkraft - und wegen des immer populistischeren Auftritts von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger auch an Zusammenhalt. So könnte diese Möchtegern-Koalition einer der seltenen Fälle werden, in denen sich ein Bündnis schon vor dem Start atomisiert.

Ude hat nur eine Chance

Ude hat nur eine Chance: Er muss sich endlich vom Münchner Oberbürgermeister zu einer bayerischen Autorität entwickeln, hinter der sich ein sehr breites Spektrum versammeln kann. Da bleibt noch viel zu tun.

Seit einem Jahr laufen die Linien in der bayerischen Politik aufs Interessanteste auseinander. Die spannende Frage ist, ob Udes Bündnis noch einmal die Chance bekommt, Union und Liberale zu überflügeln. Ausgeschlossen ist das nicht, zumal die Gegner von den CSU-immanenten Sprengkräften profitieren könnten. Seehofers größter Gegner ist Seehofer selbst. Erst im Sommer hat der CSU-Chef bei seinen verschiedenen Drohungen mit dem Koalitionsbruch bewiesen, wie schnell der parteiinterne Rüpel bei ihm durchkommt.

Seehofer schwenkt auf Griechenland-Kurs Merkels ein

Heute ist seine Politik erkennbar darauf ausgerichtet, Problemfelder abzuräumen, bevor sie ihm gefährlich werden könnten. Für Seehofer steht viel auf dem Spiel: Eine Niederlage der CSU in Bayern könnte der Anfang vom Ende ihrer Eigenständigkeit sein. So erklärt sich auch sein jüngster Schwenk vom Wochenende: weg von den sprichwörtlichen roten Linien in der Europolitik, hin zum pragmatischen Kurs der Kanzlerin. Fragt sich nur, ob Seehofer es schafft, ein Jahr lang jede Eigenständigkeit der Wahlkampfdisziplin unterzuordnen.

Für die Perspektive im Bund wird die Wahl in Bayern von nun an mit jedem Tag wichtiger - dafür spricht schon der Zeitplan. Die Landtagswahl wird wohl nach erbittertem Ringen der Parteien am Ende in den September des Jahres 2013 terminiert werden, kurz vor der Bundestagswahl. Die Entscheidung im größten Flächenland der Republik wird Klarheit schaffen, ob die Zielmarke von 40 Prozent, wie sie Seehofer für die Union bundesweit vorgab, annähernd realistisch ist.

Für die SPD wäre ein Verharren auf den zuletzt desaströs niedrigen Werten in Bayern und in Baden-Württemberg zum Verzweifeln. Wenn die Genossen es nicht schaffen, im Süden nach oben zu kommen, kann ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrück seine Ambitionen wohl begraben. Anders gewendet: Siegt die Union in Bayern, dann ist Kanzlerin Angela Merkel ihre größten Sorgen los.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: