Mögliche Verunreinigung von Novartis-Produkten:Bundesinstitut ruft Grippe-Impfstoffe zurück

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Italien und die Schweiz haben Grippe-Impfstoffe der Firma Novartis bereits aus dem Verkehr gezogen. Jetzt hat auch Deutschland auf einen möglichen Medikamenten-Skandal bei dem Schweizer Pharmakonzern reagiert: Das zuständige Bundesinstitut zieht seine Freigabe für einige Produkte zurück.

Das für die Zulassung von Impfstoffen zuständige Paul-Ehrlich-Institut hat mehrere Chargen der Grippe-Impfstoffe Begripal und Fluad des Pharmaherstellers Novartis zurückgerufen. (Foto: dapd)

Auch Deutschland hat die Auslieferung von Grippe-Impfstoffen des Schweizer Pharmaherstellers Novartis teilweise gestoppt. Die Freigabe für vier Chargen des Impfstoffes Begripal und eine Charge des Impfstoffes Fluad werde zurückgenommen, teilte das für die Zulassung von Impfstoffen zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen mit. Zuvor hatten bereits Italien, die Schweiz und Österreich einen Auslieferungsstopp für die Grippeimpfstoffe verhängt.

Manche der Impfstoffe hätten "Ausflockungen" gezeigt, hieß es am Donnerstag in Langen. Zwar seien solche Reaktionen in deutschen Medikamenten bisher nicht beobachtet worden. Als "Maßnahme der Risikovorsorge" würden dennoch jene Chargen zurückgerufen, bei deren Produktionsvorstufen solche Ausflockungen aufgefallen seien. "Diese Maßnahme dient dem Schutz der Patienten vor möglichen Nebenwirkungen", so die Begründung.

Nach Angaben von Novartis sind die eigenen Impfstoffe sicher. Insgesamt geht es um mehrere Millionen Dosen mit teils je nach Land unterschiedlichen Markennamen.

Sicher und wirksam?

Novartis-Konzernchef Joseph Jimenez beteuerte bei einer Pressekonferenz in Basel, die Medikamente seien sicher und wirksam. Die in Italien hergestellten Mittel seien in mehrere Länder Europas und Asiens exportiert worden. Die betroffenen Chargen habe Novartis bereits in Italien identifiziert und dort gar nicht erst ausgeliefert. Das spreche für die Qualitätssicherung des Konzerns.

Italien hatte als erstes Land am Mittwoch die Notbremse gezogen, nachdem dort weiße Partikel in Spritzen nachgewiesen worden waren. Das römische Gesundheitsministerium und die Pharmaziebehörde Aifa erklärten, es gehe um "möglicherweise gesundheitsgefährdende Qualitätsmängel". Der Impfstoff sei als Vorsichtsmaßnahme gestoppt worden, weil "unerwünschte Reaktionen" darauf möglich seien. Bislang seien jedoch keine Beschwerden bekannt geworden.

In der Folge hatte auch die Schweiz reagiert. Die Zulassungs- und Kontrollbehörde für Heilmittel Swissmedic erklärte in Bern: "Erste Abklärungen haben ergeben, dass die Sperrung in Italien erfolgte, weil in den Spritzen weiße Partikel festgestellt wurden." Die Schweizer Experten vermuten, dass "es sich um Verklumpungen von normalen Bestandteilen des Impfstoffs" handelt. Swissmedic gehe davon aus, "dass Personen, die in der Schweiz bisher geimpft wurden, gesundheitlich nicht gefährdet sind".

Wie in Italien hatte Novartis auch in Österreich die zuständigen Stellen selbst eingeschaltet. Laut einem Gutachten des Herstellers sind die Partikel in den Impfstoffen unproblematisch. Österreich wolle dies aber selbst prüfen, was bis zu drei Wochen dauern könne, sagte die Sprecherin des Gesundheitsministeriums, Sigrid Rosenberger.

Bis dahin gab das Gesundheitsministerium Ärzten die Empfehlung, bis auf weiteres auf andere Hersteller umzusteigen. Dies betreffe die drei unter den Namen Fluad, Sandovac und Optaflu vertriebenen Impfstoffe. "Dies ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, Hinweise auf eine Gefährdung für Patienten liegen derzeit nicht vor", hieß es vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen.

Nicht der erste Ärger mit Begripal

In Deutschland hatte es mit dem Impfstoff Begripal bereits früher Ärger gegeben. In Bayern, Schleswig-Holstein und Hamburg hatte Novartis mit Begripal als günstigstem Impfstoff eine Ausschreibung der Krankenkassen gewonnen, worauf diese Exklusivverträge mit dem Hersteller abschlossen. Doch Anfang Oktober teilte die Firma mit, den fraglichen Impfstoff vorerst nicht liefern zu können. In den Regionen kam es zu Engpässen, obwohl die Kassen den Exklusivvertrag aussetzten.

In Deutschland sind 16 verschiedene Impfstoffe gegen die saisonale Grippe im Winter 2012/13 zugelassen. Bisher wurden 14,2 Millionen Chargen freigegeben.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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