Einflussnahme der CSU auf Medien:Anruf genügt

Was den CSU-Sprecher Strepp geritten hat, beim ZDF darauf zu dringen, einen SPD-Parteitag zu ignorieren, weiß hoffentlich nur er selbst. Die Causa Ulrike Strauß, Sprecherin von CSU-Minister Söder, ist komplizierter. Aber auch interessanter.

Detlef Esslinger

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (l) und sein Finanzminister Markus Söder (beide CSU)

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (li.) und sein Finanzminister Markus Söder (beide CSU)

(Foto: dpa)

Hat die Sprecherin des CSU-Ministers Markus Söder Druck auf den Bayerischen Rundfunk (BR) ausgeübt? Und hat der Sender diesem Druck nachgegeben? Die Antworten darauf sind nicht ganz so einfach, wie sie im Fall Hans Michael Strepp waren.

Was den mittlerweile zurückgetretenen CSU-Sprecher geritten hat, vom ZDF zu verlangen, man möge über einen SPD-Parteitag nicht berichten, weiß hoffentlich nur er selbst. Die Causa Ulrike Strauß - so heißt Söders Sprecherin - ist komplizierter. Aber auch interessanter.

Anrufe von Pressesprechern in Redaktionen sind selbstverständlich legitim. Wer derlei zu einem Anschlag auf die Pressefreiheit hochstilisiert, ist albern. Die Beurteilung hängt vom Einzelfall ab: Wer hat wo, mit welchem Ziel, angerufen? So ist etwa überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn sich ein Sprecher in einer Redaktion beschwert, weil ein Zitat oder die einem Kommentar zugrunde liegenden Fakten nicht stimmen. Der Sprecher, der sich deshalb meldet, tut seinen Job. Um derlei ging es Söders Sprecherin aber gerade nicht.

Sie hat in der Redaktion und beim Chef der BR-Nachrichtensendung Rundschau angerufen, weil ihr ein Beitrag über ihren Minister grundsätzlich nicht gefiel; weil sie in ihrem Amt beschlossen hatte, dieser Beitrag sei "nicht sachgerecht". Es ging an jenem Tag im März 2011 nur den damaligen Umweltminister Söder etwas an, wie er eine Regierungserklärung im Landtag zu Fukushima formulierte. Aber genauso geht es auch nur eine Redaktion etwas an, was sie daraus journalistisch macht. Solange ein Beitrag hart, aber fair ist, darf man sich als Betroffener gerne ärgern. Aber man muss das hinnehmen in der Demokratie.

Händchen für Tricks

Es geht zwischen Journalisten und Pressesprechern manchmal unfair zu. Es gab zum Beispiel in der Wulff-Affäre eine Zeitung, die den Sprechern des damaligen Bundespräsidenten um 15:42 Uhr acht Fragen schickte und zur Beantwortung eine Frist bis 17 Uhr setzte.

Es gibt aber auch Pressesprecher (und Pressesprecherinnen), die mit der Autorisierung eines Interviews bis kurz vor Redaktionsschluss warten und dann eine komplett umgeschriebene Fassung schicken - in dem Kalkül, nun bleibe den Journalisten kaum etwas anderes übrig, als alle Verstümmelungen ursprünglicher Aussagen zu schlucken.

Man tritt der Söder-Sprecherin Strauß nicht zu nahe, wenn man ihr attestiert, ein Händchen für derlei Tricks zu haben. Die Rundschau und ihr Chef sind in dem Bemühen, sich aus der jahrzehntelangen Umklammerung durch die CSU zu lösen, weniger weit vorangekommen als andere Teile des BR. In der Rundschau musste Strauß nicht ausdrücklich verlangen, einen Beitrag aus dem Programm zu nehmen.

Nicht den Strepp gemacht

Sie hat sozusagen nicht den Strepp gemacht. Es reichte, einfach mal zu fragen, ob der Beitrag denn wiederholt werde. Bei einer Zeitungsredaktion oder einem Privatsender wäre sie damit vielleicht nicht weit gekommen. Aber dort haben Parteien ja auch keinen Zugriff auf Karrieren.

Eine BR-Redaktion, die Wert auf Unabhängigkeit legt, wäre in der Sache zwar womöglich zu einem ähnlichen Schluss wie die Sprecherin gekommen: Dass man am Tag einer Regierungserklärung Ausschnitte aus der Landtagsdebatte senden sollte und nicht nur einen Zusammenschnitt alter und neuer Söder-Zitate zur Atomkraft, die den Minister bloßstellen.

Eine solche Redaktion hätte aber auch entschieden, für diesen Beitrag - den sie selber als journalistisch völlig sauber beurteilte - einen anderen Programmplatz zu finden. Schon allein, um einer Ministeriums-Sprecherin nicht das Gefühl zu geben: Anruf genügt.

An jenem Tag im März 2011 hatte Strauß ihr Ziel erreicht, ohne es aussprechen zu müssen. Etwas anderes anzunehmen, wäre naiv.

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