Die Kieler Knierim-Werft hat in der internationalen Szene seit langem einen guten Namen. Denn dort, am Nord-Ostsee-Kanal, entstehen nicht nur sogenannte Performance-Cruiser von 15 bis über 20 Meter Länge, hier wurde auch der 26 Meter lange deutsche America's Cupper Ger 89 gebaut. Jetzt rücken die Kieler Bootsbauer erneut in den Focus: Sie bauen derzeit einen 31 Meter langen und 15 Meter breiten Katamaran, der ausschließlich mit der Kraft von Solarzellen um die Welt fahren soll. Und Werftchef Gunnar Knierim umschreibt die Dimension: "Das Volumen des Katamarans entspricht dem einer mehr als 60 Meter langen Einrumpfyacht."
Das 60-Tonnen-Schiff ist damit der größte Solarkatamaran der Welt, allein das mit Photovoltaik-Modulen belegte Deck misst 500 Quadratmeter. Die Planet Solar ist in ihrer Konstruktion auch ein sogenannter Wave-Piercer - die beiden Rümpfe sollen Wellen bei Seegang nicht überfahren, sondern durchschneiden. Der neuseeländische Konstrukteur Craig Loomes, der den Solar-Kat zeichnete, hat dieses Wellenschneider-Prinzip überarbeitet und verspricht, dass es auch dann funktioniert, wenn die Wellen schräg von vorne kommen.
Die Vision für die Planet Solar stammt von Raphaël Domjan, einem Bergführer und Rettungsspezialisten aus dem Schweizer Neuchâtel. Er plant, mit dem Franzosen Gérard d'Aboville als Steuermann und Co-Skipper im Jahr 2011 mit dem Riesenkatamaran rund um die Welt fahren. "Wir wollen die Phileas Foggs des 21. Jahrhundert sein", sagt Raphaël Domjan mit Blick auf den Helden in Jules Vernes Roman "In 80 Tagen um die Welt". Vor allem aber steht das Projekt Planet Solar im Dienst der Umwelt. Denn durch die Erdumrundung unter Verzicht auf konventionelle Energie soll die Nutzung der umweltfreundlichen Solarenergie in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit gebracht werden.
Möglich wurde die Umsetzung dieser Idee durch den Darmstädter Unternehmer Immo Ströher, der nicht nur in namhaften Solarfirmen wie der mit ihren Modulen beteiligten Berliner Solon AG engagiert ist, sondern innovative Ideen für den Einsatz erneuerbarer Energien als Initialzündungen versteht und fördert. So finanziert seine Schweizer Rivendell Holding AG den Bau des Bootes, das fast zehn Millionen Euro kosten wird. "Das Schiff ist eine technologische Herausforderung, die nur mit engagierten Spezialisten zu meistern ist", beschreibt Ströher seine Begeisterung dafür, dieses ambitionierte Projekt zu unterstützen. Sein Ziel ist es, zu demonstrieren, dass eine weitaus stärkere Nutzung der erneuerbaren Energien in allen Lebensbereichen möglich ist und so eines Tages Atomenergie überflüssig sein kann.
1,3 Megawatt Solarenergie können gespeichert werden
Auch der direkte Antrieb des Katamarans ist eine Besonderheit. Er besteht aus zwei Karbon-Propellern, die doppelt so groß sind wie für diese Schiffsgröße eigentlich üblich. Die Naben sind in Höhe der Wasseroberfläche montiert und drehen sich vergleichsweise langsam - der rechte links herum und der linke rechts herum. Gunnar Knierim: "Die zweifache Flügellänge der Propeller ist effizienter und wir nutzen gleichzeitig das Drehmoment zum Steuern." Über die zudem in der Richtung verstellbaren Propeller kann der Solar-Kat vergleichbar mit einem Kettenfahrzeug nach Backbord oder Steuerbord gelenkt werden.
Die Planet Solar wird mit einer Dauergeschwindigkeit von acht Knoten, umgerechnet knapp 15 km/h, unterwegs sein. Vier hocheffiziente Elektromotoren - je zwei pro Antriebswelle - leisten insgesamt bis zu 176 Kilowatt (239 PS), verbrauchen aber im Idealfall bei Marschfahrt nur rund 20 Kilowattstunden. So ist auch nachts und bei bedecktem Himmel das Fortkommen garantiert, denn die Batterien neuester Lithium-Ionen-Technik werden bis zu 1,3 Megawatt Solarenergie speichern. Die Zellen wiegen nur 11,7 Tonnen - zum Vergleich: Herkömmliche Autobatterien mit der gleichen Leistung würden rund 77 Tonnen auf die Waage bringen.
Schon in wenigen Wochen wird der Katamaran mit einem Kran in die Kieler Förde gesetzt. Dann werden Erinnerung an die Fernsehserie "Raumschiff Enterprise" wach werden, denn: Schon in der Werfthalle erinnert das Schiff an ein unbekanntes Flugobjekt. Tatsächlich aber ist die Planet Solar ein Wasserfahrzeug der Zukunft, das in seiner Gesamtheit auch neue Erkenntnisse für die allgemeine Schifffahrt bringen kann. Erstmals vorgestellt werden soll das futuristische Schiff im Mai 2010 beim 821. Hamburger Hafengeburtstag.