Michelin-Führer 2013:Raus aus dem Sterne-Klub

Der Michelin-Führer 2013 entzieht dem Münchner Restaurant Terrine einen Stern, weil keine Zeit war, den neuen Küchenchef zu testen. Auch sonst kommt die Stadt eher als Michelin-Wüste daher, die hiesige Spitzengastronomie teilt sich den zweiten Platz mit Hamburg. Drei-Sterne-Restaurants sucht man seit 2009 ohnehin vergeblich.

Astrid Becker

Koch Sebastian Heiler in der "Terrine" in Mücnhen, 2012

Ärgerlich: Das Gourmetrestaurant "Terrine" in München verlor seinen Michelin-Stern.

(Foto: Robert Haas)

In Deutschland strahlen mehr Michelin-Sterne denn je: 255 der begehrten Auszeichnungen, sechs mehr als im Vorjahr, hat die 50. Ausgabe des Gourmetführers für 2013 zu verzeichnen. München konnte davon allerdings nicht profitieren. Im Gegenteil: Es hat sogar ein Sterne-Restaurant verloren. Die Terrine in der Amalienpassage, seit Jahren als kleine Schwester des Tantris gefeiert, darf sich nicht mehr mit der begehrten Bewertung schmücken. Damit muss sich die Stadt nun den zweiten Platz als Gourmetstandort hinter Berlin mit Hamburg teilen.

Natürlich ist er enttäuscht: Der 31-jährige Küchenchef der Terrine, Sebastian Heil, muss den Verlust nun erst einmal verkraften. Nach dem Ausstieg von Jakob Stüttgen, der den Stern für das Lokal seit 2008 erkochte, hatte der bisherige Sous-Chef in diesem Jahr ganz offiziell den Posten des Küchenchefs übernommen. Allerdings, und das ärgert Heil ganz besonders, hatte er bereits zweieinhalb Jahre zuvor begonnen, mehr und mehr die Regie in der Küche zu führen.

Der gesundheitlich angeschlagene Jakob Stüttgen hatte sich vom Herd zurückgezogen und war zunehmend nur noch als Patron des Restaurants aufgetreten. Branchenkennern und Stammgästen der Terrine war dies bekannt, dem Restaurantführer Guide Michelin offenbar nicht. Denn dort begründet man den gestrichenen Stern für die Terrine damit, die Nachricht vom Ausscheiden Stüttgens sei mitten in die Endproduktion des Buches gefallen: "An Sebastian Heil lag es nicht. Wir hätten ihn nur noch testen müssen - dafür war aber keine Zeit mehr", teilt eine Michelin-Sprecherin lapidar mit.

Kommunikationsfehler kosten einen Stern

Heils Kochkunst ist demnach nicht der Auslöser für die Abwertung. Vielmehr ist der Grund in fehlender Kommunikation zu suchen. Als die Tester im Frühjahr in der Terrine auftauchten, war der Weggang Stüttgens zumindest absehbar. Dennoch schwieg man sich in der Terrine darüber aus: "Es ist schließlich Jakobs Angelegenheit zu entscheiden, ob und wann er aufhört", meint Heil. "Es war ein ewiges Hin und Her, ich habe bis zuletzt auf Jakob Stüttgen gesetzt", sagt auch Terrine-Eigentümer Felix Eichbauer.

Als Stüttgen dann doch im Juni ausschied, um sich selbstständig zu machen und für eine Schokoladenmanufaktur Pralinen aus Olivenöl zu kreieren, war es für die Tester von Michelin zu spät. Wie bei dem Gourmetführer üblich, wurde das Lokal aus der Wertung genommen, wie es offiziell beschönigend für gestrichene Sterne heißt. Eichbauer selbst will dies schon befürchtet haben: "Diese Vorgehensweise macht den Michelin ja so seriös, deshalb schätzen wir ihn ja alle auch so." Für ihn und Heil bleibt also nun die Hoffnung, im nächsten Jahr wieder gekürt zu werden.

Bei Michelin wurden die Terrine und ihr Chef am Herd, Sebastian Heil, aber nicht einmal als Hoffnungsträger gelistet. Überhaupt scheinen sich die Tester in einem Punkt völlig einig zu sein: In München bewegt sich in der Luxusgastronomie wenig bis gar nichts. Wie in den Jahren zuvor wurden das Tantris unter Hans Haas und das Dallmayr unter Diethard Urbansky mit zwei Sternen bewertet, das Acquarello von Mario Gamba, das Atelier im Bayerischen Hof unter Steffen Mezger, das 181-First unter Otto Koch, der Königshof unter Martin Fauster, das Mark's unter Simon Larese, das Schuhbecks in den Südtiroler Stuben unter Patrick Raaß, das Schweiger 2 im Showroom unter Andreas Schweiger und Thomas Messerer und der Aufsteiger aus dem vergangenen Jahr, das Tramin unter Daniel Schimkowitsch mit einem Stern.

Drei-Sterne-Lokale sucht man in München allerdings vergeblich - ebenso wie in ganz Bayern. Seit der Residenz in Aschau von Heinz Winkler 2009 der dritte Stern aberkannt wurde, hat es kein Koch im Freistaat mehr auf dieses Spitzenniveau geschafft. Aber auch das mit zwölf Sterne-Lokalen an der Spitze Deutschlands stehende Berlin kann kein Drei-Sterne-Restaurant vorweisen. Ebenso wenig wie Hamburg, das sich nun, mit zehn Michelin-gekürten Lokalen, den zweiten Platz mit München teilen darf.

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