Fahrradfahrer in München:Die Straße gehört allen

Radler werden beschimpft, angehupt und von Autofahrern mit teils drastischen Gesten auf den Radweg verwiesen - dabei dürfen sie an vielen Stellen trotz eines Radwegs auch die Fahrbahn benutzen. Neue Schilder sollen die Autofahrer nun aufklären.

Marco Völklein

Erlaubt an vielen Stellen: Fahrrad fahren auf der Fahrbahn.

Erlaubt an vielen Stellen: Fahrrad fahren auf der Fahrbahn.

(Foto: Stephan Rumpf)

Bis Herbst 2010 war die Lage klar und übersichtlich: An Straßen, an denen ein Radweg angelegt war, mussten die Radfahrer diesen in der Regel auch benutzen. Radfahrern gehörte der Radweg, Autofahrern die Straße. Doch dann erkämpfte der Radfahrerverein ADFC vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein Urteil, wonach die Behörden nur dort die Radler zur Benutzung des Radwegs zwingen dürfen, wo das Fahren auf der Straße eine "konkrete Gefahr" bedeutet. Seither hat das Kreisverwaltungsreferat in München an insgesamt 54 Straßen die blauen Radweg-Schilder abmontieren lassen - und damit die Benutzungspflicht aufgehoben. Dort gilt nun: "Die Straße ist für alle da", wie Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle am Donnerstag sagte.

Allerdings haben viele Autofahrer die Veränderungen noch nicht mitbekommen. Immer wieder werden Radler beschimpft oder angehupt und von Autofahrern mit teils drastischen Gesten auf den Radweg verwiesen, der zwar meist noch vorhanden ist - für den aber keine Benutzungspflicht mehr besteht. In solchen Fällen "kann der Radfahrer frei wählen, ob er auf der Straße oder auf dem Radweg fahren will", sagt Blume-Beyerle. Um die Verkehrsteilnehmer darauf hinzuweisen, stellt die Stadt an zunächst fünf Straßen neue Hinweisschilder auf - an der Goethestraße, der Luisenstraße, der Domagkstraße, der Pelkovenstraße und der Ottobrunner Straße. Die Schilder werden dort nun eine Weile stehen und dann zu anderen Stellen gebracht, an denen die Radler ebenfalls die freie Wahl haben, wo sie fahren wollen.

Man habe den Beginn der Aktion absichtlich in den Spätherbst gelegt, weil viele Radfahrer gerade im Winter wegen der oft nur unzureichend geräumten Radwege auf die Straßen ausweichen, sagte Blume-Beyerle. "Umso wichtiger ist es, dass alle Verkehrsteilnehmer wissen, wer wo fahren darf." Die Münchner Ortsgruppe des ADFC begrüßte die Aktion, bemängelte aber zugleich, dass man sich eine konsequentere Überprüfung der Benutzungspflicht an den einzelnen Radwegabschnitten "schon ein bisserl früher gewünscht hätte".

Tatsächlich geht das Kreisverwaltungsreferat seit 2010 systematisch Stadtviertel für Stadtviertel durch und schaut sich dort genau an, an welchen Straßen die Radler weiterhin auf dem Radweg fahren und wo sich die Benutzungspflicht aufheben lässt. Immer wieder kommt es dabei auch zu Konflikten mit der Polizei, die die Freigabepraxis des KVR in vielen Fällen als zu großzügig empfindet. Bislang haben die Fachleute die Straßen in Laim, in der Maxvorstadt und in Schwabing-Freimann systematisch überprüft - und dort viele Radwegschilder abmontieren lassen. Derzeit ist der Stadtbezirk Au-Haidhausen an der Reihe. Insgesamt gibt es stadtweit 370 Radwege und Radwegabschnitte, die das KVR Stück für Stück überprüfen muss. "Wir haben noch viel zu tun", sagt Blume-Beyerle.

In den kommenden Monaten werden Arbeiter unter anderem an der Elsenheimerstraße, an der Infanteriestraße sowie in der Forstenrieder Allee im Abschnitt zwischen Am Lehwinkel und der Stadtgrenze die blauen Radwegschilder abmontieren - und so die Benutzungspflicht aufheben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: