NPD-Verbotsverfahren:Bereit für Runde zwei

Die Länder dringen auf ein neues NPD-Verbotsverfahren. Nach den NSU-Ermittlungen halten das viele Politiker für unumgänglich. Skeptiker gibt es nicht mehr viele - auch wegen der nahenden Bundes- und Landtagswahlen.

Susanne Höll, Berlin

Lange Zeit hat sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), unterstützt von der FDP und einigen seiner Unionskollegen in den Ländern, gegen ein neues NPD-Verbotsverfahren gewehrt. Nicht, weil er die Neonazis weniger abscheulich fände, als das die Verbotsbefürworter tun. Sondern weil er befürchtet, dass das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erneut scheitern könnte und der derzeit darbenden rechtsextremistischen Partei neuen Auftrieb geben könnte.

Doch Friedrich wird sich wohl nicht durchsetzen können. Denn die Zahl der Skeptiker bröckelt, die Mahner, so heißt es in Sicherheitskreisen des Bundes, haben kaum noch Hoffnung, einen baldigen neuen Anlauf vor dem höchsten Gericht zu stoppen. Inzwischen spreche fast alles dafür, dass nach dem 1. Adventssonntag zum zweiten Mal in der deutschen Nachkriegsgeschichte ein Grundsatzbeschluss für ein NPD-Verbot falle, heißt es.

Am 5. Dezember treffen sich die Innenminister von Bund und Ländern zu ihrer Herbstkonferenz, das NPD-Verbot steht ganz oben auf der Tagesordnung. Tags darauf kommen die Ministerpräsidenten der Länder zusammen, die NPD wird auch dort ein Thema sein. Und die allermeisten Regierungschefs haben - mit dem Bayern Horst Seehofer (CSU) an der Spitze - schon seit Monaten keinen Zweifel daran gelassen, dass für sie nach dem Skandal um die Mordserie des rechtsextremen Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) kein Weg an einem neuen Verfahren vorbeiführt. Seehofer hat das nach Angaben aus den Kreisen seinen Parteikollegen Friedrich vor zwei Wochen auch schriftlich wissen lassen.

Unter den Ministerpräsidenten machen Sicherheitsexperten des Bundes allenfalls noch zwei Skeptiker aus: Die Saarländerin Annegret Kramp-Karrenbauer und den Hessen Volker Bouffier (beide CDU). Ob beide standhaft bleiben, gilt als ungewiss. Bouffier muss Ende 2013 eine Landtagswahl gewinnen und dürfte sich gut überlegen, ob ein Nein seine Chancen dabei verbessert. Denn Bouffier hat ohnehin genug Ärger mit der rätselhaften Geschichte um den Mitarbeiter des Landesverfassungsschutzamtes, der bei der Ermordung des Internetcafé-Besitzers Halit Yozgat 2006 durch die NSU in der Nähe des Tatorts war.

Mit Blick auf die Wahlkämpfe in Bund und Ländern 2013 sänken die Skeptiker dahin, heißt es in den Sicherheitskreisen des Bundes. Niemand wolle sich dann vorhalten lassen, im Kampf gegen Rechtsextremisten zu lahmen. Kanzlerin Angela Merkel, die dem Vernehmen nach ganz ähnliche Vorbehalte wie Minister Friedrich hegt, wird sich solche Vorwürfe vielleicht auch lieber ersparen.

Im Innenministerium richtet man sich darauf ein, dass auf Betreiben der Länder ein neuer Antrag kommt. Schon werden Vorkehrungen getroffen, um ein zweites Fiasko zu vermeiden. Das erste Verfahren in Karlsruhe war 2003 gescheitert, weil die Behörden V-Männer in der NPD hatten. Diesmal wollen die Minister nur Beweismaterial zu staatsfeindlichen Umtrieben der NPD vorlegen, das ohne Mitwirkung von Spitzeln zustande kam. Friedrich besteht inzwischen darauf, dass seine Länderkollegen ihm schriftlich bestätigen, dass das von ihnen gelieferte Material sauber ist.

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