Ex-DFB-Präsident Zwanziger:Theo, der Ungeeignete

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Von Hoeneß über Niersbach bis Bierhoff attackiert Theo Zwanziger die Köpfe des deutschen Fußballs - und nimmt dabei hoch engagiert einen Mann in Schutz, der als Gottvater der Korruptionskultur im Weltfußball gilt: Sepp Blatter. Seine Vorstandsämter in Fifa und Uefa sollte Zwanziger deshalb schleunigst abgeben.

Thomas Kistner

Blatters Advokat: Ex-DFB-Boss Theo Zwanziger. (Foto: dapd)

Tabu-Brüche sind nichts Schlechtes, im Gegenteil. Viele entfalten einen Nutzwert, sie können gesellschaftliche Erkenntnisse liefern wie 1987 das Buch des Nationaltorwarts Toni Schumacher. Der gestand: "Auch im Fußball gibt es Doping - natürlich totgeschwiegen, klammheimlich, ein Tabu." Der Bruch dieses Tabus beendete Schumachers internationale Karriere, die Lüge vom dopingfreien Fußball aber funktioniert bis heute. Wer wissen will, wie es zugeht im Hightech-Kickergewerbe, sollte sich dieses Tabu-Bruchs erinnern.

Theo Zwanziger bricht keine Tabus. Er grätscht herum und rechnet ab mit einem Verband, den er bis vor kurzem geführt hat. Das ist peinlich und sagt, je länger der DFB dazu schweigt, viel über die Hauskultur des Verbandes. Den glatten Feldverweis handelt sich Zwanziger jedoch an anderer Stelle ein. Er ist zwar nicht mehr DFB-Chef, vertritt den deutschen Fußball aber stramm international: Er sitzt im Weltverband Fifa und im Europaverband Uefa. Jetzt attackiert er die Köpfe des nationalen Sports von Hoeneß über Niersbach bis Bierhoff - und nimmt dabei hoch engagiert einen Mann in Schutz, der als Gottvater der Korruptionskultur im Weltfußball gilt, dessen Nähe zu schmutzigen Geschäften juristisch verbrieft ist: Fifa-Chef Joseph Blatter.

Hoeneß, so klagt Zwanziger, habe ihn "maßlos enttäuscht, vor allem im internationalen Bereich mit pauschalen Sprüchen der Kategorie ,Alle sind korrupt'". Hoppla. Ist also Hoeneß' anhaltende Kritik an der Fifa-Führung falsch? Mehr als die Hälfte des Fifa-Vorstands, der die letzten WM-Vergaben betrieb, steht in starkem Korruptionsgeruch, sogar intern verloren vier der 24 Leute das Amt. Und Blatter selbst attestiert die Schweizer Justiz Mitwisserschaft von Korruption auf höchster Verbandsebene.

Na und? Zwanziger verklärt Blatter: Der habe in jeder Sitzung "seinen Reformwillen klar bekundet und Macht aus der Hand gegeben mit der Schaffung einer neuen Ethikkommission". Gibt es einen besseren Beweis für Integrität als das, was Blatter in Sitzungen erzählt?

Zwanziger ist Jurist. Und er muss manches mitgekriegt haben in seiner Funktionärskarriere. Da wirft die einsame Nähe zum Schweizer Strippenzieher Fragen auf. Blatters Chronique Scandaleuse gegen die Meriten von Hoeneß, der einen Großklub schuf, der als Modellfall im Weltfußball gilt - schon der oberflächliche Vergleich fördert diametrale Unterschiede just auf den Feldern zutage, die Zwanziger selbst gern beackert: Glaubwürdigkeit, wirtschaftliche Integrität und soziale Leitbildfunktion.

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Wer für Blatter wirbt und diejenigen als verblendet attackiert, die einen Stabwechsel im über Jahrzehnte versumpften Weltfußball fordern, der ist ungeeignet, den deutschen Fußball zu vertreten. Zwanziger stellt sich damit gegen die Interessen seiner nationalen Sportführung. Als frommer Querdenker muss er die Konsequenz ziehen und seine Vorstandsämter in Fifa und Uefa abgeben. Denn deutscher Repräsentant dort ist er nicht. Sondern Blatters Advokat.

© SZ vom 13.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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