Familienfreundliche Unternehmen:Frauenversteher Henkel

Der Konsumgüterkonzern bekommt großes Lob für die Förderung weiblicher Führungskräfte. Firmenchef Kasper Rorsted hat schon viel erreicht - will sich damit aber noch nicht zufriedengeben. Nur eines schließt er kategorisch aus.

Stefan Weber

Seit sieben Jahren ist Kasper Rorsted, 50, Mitglied im Vorstand des Henkel-Konzerns; im April 2008 übernahm er die Führung des Persil-Herstellers. An seine ersten Treffen mit dem Führungsteam hat der Däne, der zuvor das Europageschäft von Hewlett-Packard geleitet hatte, eher gemischte Gefühle: Die Kollegen waren im Durchschnitt knapp 60 Jahre alt; der einzige Ausländer im Vorstand war ein Österreicher - und vor allem: Der Konzern, dessen Produkte vor allem von Frauen gekauft werden und dessen Mitarbeiter fast zur Hälfte weiblich sind, wurde geführt von einem Herrenklub. "Wir müssen die Mischung in der Belegschaft verbessern", forderte Rorsted deshalb gleich nach seinem Amtsantritt. Vor allem der Anteil der Frauen auf den Führungsetagen war dem Vater von vier Kindern viel zu gering.

Henkel - Kasper Rorsted

Kasper Rorsted, der Vorstandsvorsitzende von Henkel, will in seinem Unternehmen mehr Frauen auf Chefsesseln sehen.

(Foto: dpa)

Inzwischen hat sich viel getan bei Henkel. Wenn gefragt wird, wie es die Unternehmen mit der Förderung von Frauen halten, taucht Henkel seit Jahren auf den vorderen Plätzen auf. Den "Ritterschlag" erhielt der Konzern am Freitag: Da veröffentlichte das Familienministerium ein Ranking der 30 größten börsennotierten Unternehmen zum Thema "Frauen und Karriere". Platz eins: Henkel, dicht gefolgt von Bayer und BMW.

In nahezu allen Disziplinen, so befanden die Juroren, verbuche der Düsseldorfer Konzern Bestnoten. Etwa 30 Prozent der 9000 außertariflich bezahlten Henkelaner sind weiblich, auf den obersten drei Managementebenen sind es immerhin 18,5 Prozent. Damit liegt das Unternehmen im Dax weit vorn. Rorsted ist das noch nicht genug. Er will den Anteil in jedem Jahr um ein bis zwei Prozentpunkte steigern.

Frauenförderung gab es bei Henkel lange bevor sich die Telekom als erstes deutsches Unternehmen eine Frauenquote verpasst hat. Rorsted berief sofort nach seinem Amtsanritt eine "Diversity Managerin." Ihr Auftrag: die Vielfalt im Henkel-Reich zu vergrößern. Denn Vielfalt, davon ist der Sohn eines Wirtschaftsprofessors überzeugt, schafft Pluspunkte im Wettbewerb.

Bunt zusammengestellte Teams seien kreativer, sie diskutierten anders und sie sorgten für eine frische Sicht auf die Dinge. Rorsted kann das beurteilen. Er ist der einzige Lenker eines Dax-Konzerns, der von einem weiblichen Aufsichtsratschef kontrolliert wird. Von der sieben Jahre jüngeren Simone Bagel-Trah, der Ururenkelin des Firmengründers.

Die Pipeline muss voller werden

Beide bilden das jüngste Führungsduo unter den Top-Konzernen in Deutschland. Ihre Büros sind nur ein paar Schritte voneinander entfernt. Oft tauschen sie sich spontan aus, ohne viele Formalitäten. Beide sind sich einig, dass eine Frauenquote nicht die beste Lösung ist. Lieber setzen sie auf die Qualität der Bewerber. So betont Rorsted, dass Personalchefin Kathrin Menges nicht deshalb im Herbst vergangenen Jahres als erste Frau in der Henkel-Geschichte den Vorstand rückte, weil sie eine Frau ist. "Das spielte bei der Ernennung keine Rolle."

Gelingen kann das nur, wenn die "Pipeline" voller wird. Wenn es also auf unteren und mittleren Managementebenen mehr Frauen gibt, aus deren Kreis sich dann Kandidatinnen für Spitzenjobs rekrutieren lassen. Denn Henkel holt selten Topkräfte von außen; das Werben um Rorsted war die große Ausnahme. Viel lieber besetzt der Konzern Spitzenpositionen mit Kräften aus den eigenen Reihen.

So will Henkel künftig mehr Frauen einstellen und bei Beförderungen oder der Besetzung von Führungspositionen darauf achten, dass unter den letzten drei Kandidaten mindestens eine Frau ist. Obendrein soll es mehr Angebote geben, Familie und Karriere zu vereinbaren. Und das nicht nur durch Standards wie den Ausbau von Betriebskindergärten - von denen Henkel am Stammsitz in Düsseldorf bereits zwei unterhält. Sondern vor allem durch eine veränderte Denke: Mitarbeiter sollen stärker an den Ergebnissen ihrer Arbeit gemessen werden und weniger an ihrer Verweildauer im Büro.

Die Belegschaft weiblicher zu machen, ist für Rorsted ebenso wichtig, wie eine Produktinnovation oder die Eroberung eines neuen Marktes. Er ahnt, dass er die am Freitag genannten mittelfristigen Ziele anders nicht erreichen wird. Schließlich wird der Wettstreit der Unternehmen um High Potentials , also Mitarbeiter, die nach Einschätzung ihrer Vorgesetzten beste Karrierechancen haben, immer härter. "Es gibt immer jemanden, der mehr Geld bietet. Da müssen wir mit anderen Mitteln dagegenhalten." Ein Mittel sei, jungen (und vor allem weiblichen) Mitarbeitern schon früh Verantwortung zu übertragen. Personal-Vorstand Menges plädiert dafür, talentierte Frauen so früh wie möglich ins Ausland zu schicken, am besten als zweite Karrierestation mit Ende 20.

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