Arte würdigt Rosa von Praunheim:Papa Rosa

Rosa von Praunheims Filme strotzen vor Buntheit und Lebenslust. An diesem Sonntag zeigt Arte zu seinem 70. Geburtstag sieben seiner Werke sowie eine Hommage seiner Schüler. Für diese ist er schließlich der "Vater des schlechten Geschmacks".

Fritz Göttler

Rosa von Praunheim wird 70

Rosa von Praunheim hat sich selbst zu seinem 70. Geburtstag 70 neue Filme geschenkt.

(Foto: dpa)

Kunst ist schön, und sie muss auch gar nicht immer so viel Arbeit machen. Bei Rosa von Praunheim macht sie mittlerweile großen Spaß, strotzt vor Buntheit und Lebenslust. 70 neue Filme hat er in diesem Jahr in Berlin gemacht - weil er halt an diesem Wochenende 70 wird.

Fabelhafte home movies, ein Bandwurm der konkreten Poesie. Sieben davon zeigt am Sonntag Arte, darunter eine Begegnung mit der verehrten Schauspielerin Eva Mattes und eine sensible Erkundung des Reichs von Rosas Nachbarn Conny und Gerd - imposanter goldverschnörkelter Gelsenkirchner Barock. Dazu gibt es eine Hommage von fünf jungen Filmemachern, die sich alle als "Rosakinder" sehen - Chris Kraus, Tom Tykwer, Julia von Heinz, Robert Thalheim, Axel Ranisch.

Als Vater gibt Rosa eine komische Figur ab, mit seinen bunten Hüten und Anzügen. Zur Vaterschaft kam's unter anderem, als er 2000 Professor an der HFF Konrad Wolf in Potsdam wurde. "Da hast du deinen großen Kochlöffel rausgeholt", erzählt Axel Ranisch, "und angefangen mein Leben umzurühren." Man hatte Ambitionen, die allerhöchsten. "Ich bring euch nach Hollywood" versprach der Prof, das war absolut ernst gemeint, da meint man die kompromisslose Kantigkeit des jungen Rosa zu spüren, von 1971, als er für Skandal sorgte mit Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Gesellschaft, in der er lebt, und in den Jahren danach, als er sich in Aids-Kampagnen engagierte.

Es fällt den Kids schwer, in der Wiederbegegnung, das Geheimnis, den Zauber von Rosa in Worte zu fassen. Gottvater des schlechten Geschmacks und des schlechten Handwerks nennt ihn liebevoll unverblümt Chris Kraus. Ist das überhaupt zu schaffen, dem Bann von Rosas permanenter Selbstinszenierung zu entgehen?

Verunsicherung steckt in diesen Kids, Angst und Verbitterung, sie sind geprägt von den Clashs mit der deutschen Realität, ihren dominanten Strukturen. "Ich hasse Väter", sagt Chris Kraus. "Ich hasse Autorität. Ich hasse autoritäre Väter. Und ich füttere alle meine Filme mit diesem Hass. Wozu du mich immer ermuntert hast."

Kind geblieben

Die Rosakinder sind erwachsen geworden in den vergangenen Jahren, der Rosavater ist Kind geblieben, in seinem vie en rose. Wie ein Kind staunt er, als er Tom Tykwer am Set des Cloud Atlas besucht. Hundert Millionen Euro, staunt er über das Budget des Films - "wolltest du die nicht mal privat nehmen, irgendwohin auswandern mit der Familie und in Ruhe leben bis ans Ende deines Lebens und Heimfilme machen?"

Tykwer lacht verlegen, er kann den Wahnwitz dieser Produktion nicht erklären. Dann legt er den Kopf an Rosas Schulter, und Rosa nimmt seine Hand. Toll, das wir bei dir sein durften, murmelt Tykwer. Dass wir das noch erleben durften. Er ist müde, traurig, erschöpft. Ein Kind, das einfach schlafen will und träumen. Cloud Atlas, das ist die Kunst, die Arbeit macht.

Rosakinder, Arte, Sonntag 23.10 Uhr; Rosas Welt. 7 Filme zum 70. Geburtstag. 0.40 Uhr

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