Conti und Schaeffler: Elmar Degenhart:Krieg oder Frieden

Den designierten Conti-Vorstandschef Elmar Degenhart erwartet in Hannover vor allem eines: massives Misstrauen. Warum? Weil er als Abgesandter des Mehrheitsaktionärs Schaeffler gilt.

Uwe Ritzer

Elmar Degenhart ist erklärtermaßen ein Freund schneller Autos. Vielleicht kam ihm dies in den vergangenen zwei Wochen zugute. Denn der 50 Jahre alte Manager war viel unterwegs. Auf einer persönlichen Goodwill-Tour warb er bei den Aufsichtsräten der Continental AG um Vertrauen in eigener Sache. Läuft alles nach dem Plan von Conti-Mehrheitsaktionär Schaeffler - und danach sieht es aus - wird Motorsportfan Degenhart bei der Aufsichtsratssitzung an diesem Mittwoch als Nachfolger von Karl-Thomas Neumann zum neuen Vorstandsvorsitzenden von Conti gekürt. Für ihn ein riskanter Karrieresprung mit vielen Tücken.

Conti und Schaeffler: Elmar Degenhart: Aller Voraussicht nach der neue Mann an der Conti-Spitze: Elmar Degenhart.

Aller Voraussicht nach der neue Mann an der Conti-Spitze: Elmar Degenhart.

(Foto: Foto: dpa)

Bloß nicht zu sehr auffallen

Denn in Hannover erwartet den designierten Chef vor allem Misstrauen. Degenhart schleppt als Bürde den Ruf mit sich, ein Abgesandter des Mehrheitsaktionärs Schaeffler zu sein. Dort verantwortet Degenhart seit gut einem Jahr die Automotive-Sparte, mit zuletzt sechs Milliarden Euro Umsatz und 40.000 Beschäftigten das Herzstück des fränkischen Familienunternehmens. Öffentlich fiel der Manager dabei kaum auf. Aber das will nichts heißen. Denn wer als Führungskraft im verschwiegenen Familienkonzern Schaeffler überleben will, sollte nach außen hin nicht allzu sehr auffallen.

Als Chef der börsennotierten Aktiengesellschaft Continental müsste sich der Manager schon allein deshalb gewaltig umstellen. Wie rauh die Luft für Degenhart bei Conti werden könnte, zeigten erste Äußerungen seines möglichen Vor-Vorgängers Manfred Wennemer. Degenhart entspreche nicht dem Anforderungsprofil, sagte dieser in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. "Continental braucht jetzt einen Unternehmer und keinen Bürokraten". Und dann legte Wennemer noch nach: Er wolle zur Person nichts sagen, "sonst müsste ich im Detail darauf eingehen, warum wir ihn damals gebeten haben, unser Unternehmen zu verlassen."

Was war damals geschehen? Oder hat hier nur ein selbst gescheiterter Top-Manager Dampf abgelassen? Es gibt auch viele lobende Urteile von ehemaligen Mitarbeitern Degenharts in den Jahren 1993 bis 2003. Damals war er in diversen Führungspositionen beim US-Zulieferer ITT und bei Conti tätig, wo er zuletzt in der Geschäftsleitung von Continental Teves saß. Degenhart verstehe viel von Automobiltechnik, denke strategisch, sei konsequent, sagen die einen. Er sei offen und ehrlich im Umgang, lasse Untergebenen große Freiräume, fordere im Gegenzug aber Leistung, sagen andere. Bei Schaeffler wissen selbst Arbeitnehmervertreter nur Freundliches über den sportbegeisterten und verheirateten Vater von drei Kindern zu berichten. Als "ruhig, sachlich und überlegt" beschreibt ihn der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Thomas Mölkner. "Er wirkt in seinem Auftreten sehr souverän."

Miserables Verhältnis ausbalancieren

Alles Eigenschaften, die ein neuer Vorstandschef von Conti gut gebrauchen kann. Denn nach den heftigen Gefechten mit Schaeffler und den dadurch intern ausgelösten Turbulenzen muss er auf eine Friedensmission gehen. Es gilt, endlich Ruhe in das Unternehmen zu bringen und das miserable Verhältnis zum neuen Eigentümer Schaeffler pragmatisch auszubalancieren. Der neue Vorstandschef muss nach innen glaubhaft machen, dass er im Zweifelsfall die Interessen von Conti vertritt, ohne automatisch die Eigentümerfamilie Schaeffler zu verprellen. Er muss den Prozess des Zusammenwachsens beider Firmen möglichst schnell und effizient steuern. Er muss die richtige Strategie für den Automobilzulieferer in diesen Krisenzeiten finden. Und zu allem Überfluss muss er die Altlasten in Griff bekommen, die Wennemer und Neumann hinterlassen haben: die Integration der ehemaligen Siemens-VDO-Sparte, die kriselnde Powertrain-Sparte und die Milliardenschulden aus der VDO-Übernahme.

Viel Arbeit also für Degenhart, der Maschinenbau mit Schwerpunkt Luft- und Raumfahrttechnik studiert und am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung im Bereich Reinraumtechnik promoviert hat. Nach seiner Zeit bei ITT und Conti Teves arbeitete er bei Bosch und dem Sitzehersteller Keiper Recaro. Von dort lotste ihn Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger nach Herzogenaurach. Degenhart hat noch keine Erfahrung auf der Kommandobrücke eines Konzerns wie die Continental AG mit 140 000 Mitarbeitern und 24,2 Milliarden Euro Umsatz.

Aber er kommt auch nicht allein. Dem Vernehmen nach will Schaeffler den Conti-Vorstand insgesamt neu ordnen. Der bisherige Interimschef der Reifensparte, Nikolai Setzer, der Chef des Interior-Bereichs Helmut Matschi sowie der zuletzt für die Bremsen-Sparte verantwortliche Ralf Cremer sollen aufrücken. Personalchef Heinz-Gerhard Wente und Lkw-Reifen-Boss Hans-Joachim Nikolin sollen bleiben, ein neuer Finanzchef wird gesucht. Damit stünden Elmar Degenhart mindestens fünf angestammte Conti-Manager zur Seite.

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