CSU-Chef unter Druck:Seehofer lästert sich ins Abseits

Die Umfragewerte sind CSU-Chef Seehofer zu Kopf gestiegen, das zeigen seine aktuellen Lästereien. Falls der Ministerpräsident die Wahl verliert, werden ihn seine Parteifreunde vom Hof jagen wie noch keinen anderen Vorsitzenden. Macht er so weiter, kann es sein, dass ihn nicht mal ein Wahlsieg rettet.

Ein Kommentar von Mike Szymanski

Seehofer-Attacke gegen Söder

Seehofer und sein Finanzminister: Der CSU-Chef Seehofer gerät nach seinen Lästereien gegen Markus Söder in die Defensive.

(Foto: dpa)

Es ist unglaublich, wie lange die CSU ihrem Chef Horst Seehofer die verbalen Attacken auf Parteifreunde hat durchgehen lassen. Der Vorsitzende demontiert seinen Finanzminister Markus Söder am Montagabend quasi-öffentlich bei einer Weihnachtsfeier mit den Worten, dieser sei "vom Ehrgeiz zerfressen" und leiste sich "zu viele Schmutzeleien". Erst am Donnerstag - und auch dann nur sehr zögerlich - meldet sich die CSU-Parteimutter Barbara Stamm mit einem Lob für Söder zu Wort.

Fraktionschef Georg Schmid, dessen Aufgabe es nun wäre, eine Entschuldigung einzufordern, wünscht sich wieder Sonnenschein. In der Plenarsitzung fliegen ausgerechnet dem sonst so unbeliebten Söder, der selbst ein großer Lästerer ist, nun die Herzen zu. Nur den Mut, Seehofer zu sagen: "So geht das nicht!", den hatten nur wenige Hinterbänkler.

Die Partei hat sich Seehofer längst ergeben. Er führt die CSU hemmungsloser und rücksichtsloser als seine Vorgänger. Als Gastredner beim CDU-Parteitag kokettiert er mit einer Unterwerfungsgeste gegenüber der Kanzlerin, wonach die Bayern fortan zahm wie ein schnurrender Kater sein würden.

In München muckt niemand mehr auf, wenn Seehofer der CSU mal eben mit einer flapsigen Rede den Stolz nimmt.

Es fehlt ein starker Gegner

Wer nicht so will wie der Chef, wird runtergemacht - wenn es gut läuft, dann intern im Parteivorstand, sonst gerne auch mal öffentlich vor laufender Kamera. Die Partei braucht Seehofer, wenn sie bei der Landtagswahl 2013 Erfolg haben will. Nur Seehofer hat offenbar vergessen, dass er auch seine Partei braucht.

Im Moment stimmen die Umfragewerte für die CSU. Es könnte sogar für eine Rückkehr zur Alleinregierung reichen. Seehofer sind diese Werte zu Kopf gestiegen. Außerdem fehlt ihm ein starker Gegner, der ihn zwingen würde, sich zu disziplinieren.

Falls Seehofer die Wahl verliert, werden seine Parteifreunde ihn vom Hof jagen wie es noch kein anderer Vorsitzender vor ihm erlebt hat. Aber wenn Seehofer so weitermacht, könnte es sein, dass er auch nach einem Wahlsieg gehen muss.

Die CSU braucht nach so vielen Verletzungen wohl einen Neuanfang an der Spitze. Die Zeit der Ilse Aigner könnte früher anbrechen, als manche denken.

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