Nach Attentat in Newtown:"Wir sind in unseren Gebeten bei ihnen"

Eine Geste im Sinne der Opfer: Die Eltern der getöteten Kinder bekunden ihre Trauer - und sprechen auch der Familie des Schützen ihr Beileid aus. Indes bringen die Ermittlungen in Newtown immer mehr grausame Details ans Licht. Die Obduktion zeigt, dass die Kinder in einem regelrechten Kugelhagel starben.

Die großherzige Geste hätte seine Tochter so gewollt: Robbie Parker, Vater der in Newtown ermordeten Emilie, hat auch der Familie des Schützen sein Beileid ausgesprochen: "Meine Tochter Emilie wäre eine der ersten, die all diesen Opfern ihre Liebe und Unterstützung geben würde." Aber Emilie wurde nur sechs Jahre alt.

Ihr Vater wandte sich an die Öffentlichkeit, obwohl er von Trauer überwältigt kaum sprechen konnte. "Sie war die Art von Mensch, der in einem Raum die Sonne aufgehen ließ", sagte der junge Mann mit von Trauer gezeichnetem Gesicht. "Sie ist ein unglaublicher Mensch, und ich bin gesegnet, dass ich ihr Vater sein darf."

In einem Statement, das Parker am Samstag vor Journalisten abgab, wandte er sich an alle Familien, "die direkt von dieser Schießerei betroffen sind", also auch an jene des Attentäters: "Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schwierig dies alles für Sie ist, und ich möchte, dass Sie wissen, dass unsere Familie, unsere Liebe und unsere Unterstützung auch Sie mit einschließt. Es ist eine schreckliche Tragödie, und ich möchte, dass alle wissen, dass wir in unseren Herzen und Gebeten bei ihnen sind."

Peter Lanza, der Vater des mutmaßlichen Schützen, drückte den Angehörigen der Opfer sein tiefes Bedauern über die "enorme Tragödie" aus. In einer vom Sender CNN veröffentlichten Mitteilung erklärte er am Samstag, dass seine Familie mit den Ermittlern eng zusammenarbeite. Auch sie seien schockiert und hätten keine Erklärung für die Tat. "Wir teilen die Trauer der Gemeinde und des Landes, während wir den unglaublichen Verlust zu verstehen versuchen", ließ der Onkel mitteilen.

Seine Schwester, die Mutter des mutmaßlichen Täters, war am Freitag nach bisherigen Erkenntnissen das erste Opfer des 20-Jährigen, der später an der Grundschule 20 Kinder und sechs Erwachsene erschoss, bevor er sich selbst tötete. Entgegen ersten Berichten hatte die Mutter nach Polizeiangaben keine Verbindung zu der Schule gehabt. Zuvor hatte es geheißen, sie sei dort Lehrerin gewesen.

"Verheerende Verletzungen"

In Newtown wird das ganze Ausmaß des Horrors erst nach und nach deutlich: Die Opfer des Amokläufers, darunter 20 Kinder im Alter von sechs und sieben Jahren hätten "verheerende Verletzungen" aufgewiesen. Bis zu elf Mal sei auf die kleinen Körper geschossen worden, teilte der leitende Gerichtsmediziner H. Wayne Carver sichtlich erschüttert mit. Die meisten Kugeln stammten demnach aus einem halbautomatischen Gewehr. Sie seien von einer Art, die schwere Schäden im Gewebe verursache.

Die Staatspolizei von Connecticut veröffentlichte am Samstag auch die Namen der Opfer. Demnach sind darunter zwölf Mädchen und acht Jungen. Außerdem kamen sechs Frauen ums Leben, dazu zählen die Rektorin und eine Schulpsychologin. Der New York Times zufolge wurden sie erschossen, als sie versuchten, den Amokläufer zu stoppen.

Die Leichen der Kinder wurden nach Angaben des Gerichtsmediziners von den Eltern zunächst per Fotos identifiziert, das sei etwas leichter für sie gewesen, sagte Gerichtsmediziner Carver.

Zwölf Mädchen, acht Jungen und sechs Frauen

Die Bluttat löste weltweit Bestürzung aus und entfachte zugleich eine neue Debatte über das Waffenrecht in den USA. Präsident Obama forderte "bedeutsames Handeln, um weitere Tragödien wie diese zu verhindern". Wie das Weiße Haus mitteilte, wollte er am Sonntag in Newtown an einer interkonfessionellen Mahnwache teilnehmen und mit den Familien der Opfer und den von Schülern der Sandy-Hook-Grundschule zusammentreffen.

Die Hintergründe der Bluttat blieben zunächst weiter im Dunkeln - unter anderem kursiert die Vermutung, dass der Tragödie ein Familienstreit vorausgegangen sein könnte. Aufschluss erhoffte sich die Polizei nun von Unterlagen, die im Wohnhaus des Todesschützen sichergestellt wurden, ein Abschiedsbrief soll jedoch nicht dabei gewesen sein.

Der Schütze soll sich gewaltsam Zutritt zur Schule verschafft haben. Der Täter soll Berichten von Nachbarn und Bekannten zufolge in Newtown aufgewachsen sein.

Rhonda Eleish, Kari Ergmann

Eine Mutter zündet zusammen mit ihrer Tochter eine Kerze für die Opfer des Massakers an.

(Foto: AP)
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