Neues Betriebssystem für Smartphones:Ubuntu - frei, offen, mobil

Ubuntu-Smartphone

Smartphones mit Ubuntu

(Foto: Canonical)

Der Homebutton? Abgeschafft. Hunderte Apps auf einen Blick? Braucht niemand. Die Linux-Distribution Ubuntu will mit ihrem neuen Smartphone-Bertriebssystem eine Alternative zu iOS und Android sein. Es wird erstmals auf der Gadgetmesse CES präsentiert - und überrascht.

Von Pascal Paukner, Las Vegas

Es ist in sich schnell wandelnden Zeiten eine waghalsige Unternehmung, auf die wichtigste Gadgetmesse der Welt zu reisen und zu hoffen, mit einem ein Jahr alten Smartphone das Interesse der Fachbesucher zu wecken. Aber es kann funktionieren. Den Beweis dafür haben jetzt die Software-Entwickler der Firma Canonical erbracht.

Im Zentrum ihres Messeauftritts auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas steht das Smartphone Galaxy Nexus. Allerdings nicht - und das erklärt das Vorhaben - wie üblich mit Googles Betriebssystem Android, sondern mit einer mobilen Version des Linux-Betriebssystems Ubuntu.

Bereits im Vorfeld der Messe hatte die Ankündigung der südafrikanischen Softwarefirma, ein Smartphone-Betriebssystem auf Linux-Basis zu zeigen, für Aufmerksamkeit gesorgt. Dementsprechend gefragt waren die Produktpräsentationen nun. Entsteht hier eine Alternative zu den Betriebssystem-Hegemonen Android und iOS? Muss sich Microsoft jetzt noch mehr anstrengen, um überhaupt merklich Marktanteile mit Windows Phone 8 zu gewinnen?

Ein Besuch auf dem Messestand zeigt: Für Antworten ist es noch zu früh. Sollte Canonical die Smartphone-Hersteller davon überzeugen können, neue Geräte mit Ubuntu auszustatten, dann dürfte diese Geräte frühestens zur CES im kommenden Jahr vorgestellt werden. Interessant ist aber schon jetzt, welche Vorstellung von einer zeitgemäßen Smartphone-Software das Unternehmen hat:

  • Navigation per Buttons ist überflüssig

Einen Homebutton und vergleichbare Hard- oder Softkeys wird man auf Smartphones mit Ubuntu vergeblich suchen. Canonical schafft sie einfach ab. Stattdessen kommt jeder der vier Seiten des Smartphones eine bestimmte Funktion zu. So lassen sich etwa zuletzt oder bevorzugt genutzte Apps öffnen oder grundlegende Einstellungen durch Streichen über den Bildschirmrand ändern.

  • Nur wenige Apps sind wichtig

Nur sechs Apps sind auf den Startbildschirmen der gezeigten Geräte zu sehen. Das liegt auch daran, dass sie deutlich größer dargestellt werden, als das bei Android oder iOS der Fall ist. Die Reduktion auf wenige Programme ist von Canonical so gewollt, denn Analysen des Nutzungsverhaltens von Smartphones zeigen, dass nur wenige Apps regelmäßig genutzt werden. Unterhalb der Apps haben die Entwickler Platz geschaffen für Neuigkeiten und Medieninhalte.

  • Nachrichten sind Nachrichten

E-Mails, SMS, Facebook Messenger, Skype, WhatsApp: Die Liste der Kommunikationsprogramme ist lang und wird immer länger. Damit der Nutzer den Überblick nicht verliert, landen auf Ubuntu-Smartphones alle Nachrichten in einer Nachrichtenzentrale. Von dort aus sollen sie sich - ohne die eigentliche App zu öffnen - auch direkt beantworten lassen.

  • Hardware ist nicht entscheidend

Als Mindestvoraussetzungen für die Nutzung Ubuntus auf dem Smartphone nennt Canonical einen Zweikern-Cortex-A9-Prozessor mit einem Arbeitsspeicher beginnend ab 512 Megabyte und einem Flashsspeicher von vier bis acht Gigabyte. Das sind niedrige Einstiegshürden, gerade angesichts dessen, dass das Betriebssystem wohl frühestens im kommenden Jahr auf den Markt kommt. Bemerkenswert ist auch, wie flott und störungsfrei Ubuntu schon in der Testversion auf dem Galaxy Nexus läuft.

  • Offenen Systemen gehört die Zukunft

Auch wenn die Leitlinien klar vorgegeben sind, soll die Ubuntu-Community in die Genese des Betriebssystems eingebunden werden, vor allem was die Programmierung der Apps angeht. Dabei steht Canonical vor der Herausforderung, ein komplett neues Angebot schaffen und kommerzielle Entwickler von der eigenen Plattform überzeugen zu müssen. Bei der Marktmacht, welche die Konkurrenten Apple und Google bereits erreicht haben, kein leichtes Unterfangen. Dennoch kann die Firma bei der Umsetzung auf die Unterstützung einer großen und größtenteils loyalen Community hoffen. Allein schon die Aussicht, ein freies und offenes Smartphone-Betriebssystem als Alternative zu haben, dürfte viele zur Unterstützung bewegen.

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