Misstrauensantrag gegen Wowereit:Warum Pops Plagiat kein Skandal ist

Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop

Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop bei der Abstimmung über den Misstrauensantrag gegen Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit

(Foto: dpa)

Plagiat oder Aufwandsminimierung? Die Berliner Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop hat sich für ihre Rede zum Misstrauensantrag gegen Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit großzügig bei anderen Politikern bedient. Trotzdem ist hier eine öffentliche Empörung Guttenberg'schen Ausmaßes nicht angebracht.

Von Antonie Rietzschel

Im Zeitalter des Tierschutzes ist kaum ein Ruf schlechter als der des Jägers - es sei denn, er ist im Internet aktiv und auf der Suche nach schummelnden Doktoranden. Plagiatsjäger nennt er sich dann, und zu seiner Beliebtheit im deutschsprachigen Internet mag beitragen, dass seine Opfer nicht niedliche Hasen, sondern die Karrieren von Berufspolitikern sind - Karl-Theodor zu Guttenberg und Silvana Koch-Mehrin können ein Lied davon singen. Nun ist ein Plagiatsjäger erneut fündig geworden. Zwar nicht in einer Doktorarbeit, aber doch in einer durchaus wichtigen Rede.

Die Grünenpolitikerin Ramona Pop, so hat der Blogger Fabian Kuntz herausgefunden, hatte sich für ihre Rede zum Misstrauensantrag gegen Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit bei anderen Politikern bedient: Im Internet kursieren Auszüge ihrer Rede vor dem Berliner Abgeordnetenhaus - daneben die Auszüge einer Rede von Julia Klöckner, der Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz. Sie hatte im August 2012 den Misstrauensantrag gegen Ministerpräsident Kurt Beck gestellt, auch wegen eines verpatzten Großprojektes: des Nürburgrings.

Eindeutige Überschneidungen an 13 Stellen

"Wir haben uns die Entscheidung, den Misstrauensantrag gegen Sie, Herr Ministerpräsident, einzubringen, nicht leicht gemacht", heißt es da, oder: "Sie haben dem Land damit geschadet." Ähnliche Formulierungen finden sich auch in der Ansprache von Ramona Pop: "Wir haben uns die Entscheidung, diesen Misstrauensantrag einzubringen, nicht leicht gemacht" oder "Sie haben schweren Schaden über Berlin gebracht." Gleich an 13 Stellen gibt es eindeutige Überschneidungen.

Anders als einst Guttenberg oder Koch-Mehrin gibt Pop zu, sich bei anderen bedient zu haben: "Ich habe mir verschiedene Reden angeschaut, in denen es ebenfalls um den Entzug des Vertrauens ging, um mir Anregungen zu holen. Natürlich war da auch die Rede von Frau Klöckner dabei", sagt sie. Auch die Rede zum Misstrauensantrag gegen Wowereits Vorgänger Eberhard Diepgen habe sie sich angeschaut. Zum Skandal taugt dies wohl auch deshalb nicht, weil die Vermutung, Politiker würden ihre langweiligen Textpassagen voneinander kopieren, schon so mancher Besucher einer Bundestagsdebatte geäußert hat.

Grüne und CDU rhetorisch vereint - auch Hans Hütt, Experte für politische Sprache, findet daran nichts verwerflich: "Politische Reden sind keine wissenschaftliche Dissertation", sagt er. Pop habe lediglich ihren Aufwand minimiert. Ob Klöckner oder Pop - der Misserfolg bleibt: Genauso wenig wie Klöckner Beck stürzen konnte, genauso wenig war der Misstrauensantrag gegen Wowereit erfolgreich.

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