Obst im Trend:Pelziger Donut

Pfirsiche haben heute nicht mehr schön apfelrund zu sein, sondern platt wie eine Flunder. Woher kommt der jähe Ruhm des Weinbergpfirsichs?

Gottfried Knapp

Hier soll von einer vermeintlichen Neuheit auf dem Obst- und Gemüsemarkt, vom Ufo unter den Pfirsichen die Rede sein. Wie ein rätselhafter Flugkörper kam das runde flache Ding in diesem Jahr in die Supermärkte geflogen.

Weinbergpfirsich

Möchte frisch verzehrt werden, sonst mutiert er zu einem schrumpeligen Knäuel: der Weinbergpfirsich

(Foto: Foto: oh)

In Spezialgeschäften gab es die Frucht schon früher. Die Engländer nennen den Flachmann, seiner kreisrunden, in der Mitte eingedellten Form wegen, "Donut peach"; sie glauben, dass ihr neuer Liebling ein Nachkomme des altchinesischen Urpfirsichs sei.

Doch die deutsche Bezeichnung "Weinbergpfirsich" kommt der Wahrheit näher. In vielen Weingegenden Europas wurde eine kleinfruchtige Pfirsichsorte gerne als Schattenspender und zur Ergänzung des Ökosystems angepflanzt. In Deutschland reichte die sommerliche Wärme allerdings selten aus, um den Baum zum Reifen zu bringen. Dort aber, wo die tiefrotfleischigen kleinen Pfirsiche ausreifen können, entfalten sie eine Geschmacksintensität, die alle Großpfirsiche banal erscheinen lässt.

Was heute in Massen als "Weinbergpfirsich" angeboten wird, ist eine markttaugliche, verpackungsgünstig flache Zuchtform des alten Gewächses gleichen Namens. Vor allem in Spanien und Frankreich wird der neue Typus großflächig angebaut. Werden die Früchte halbwegs reif geerntet und rechtzeitig angeliefert, sind sie deutlich aromatischer und saftiger als gewöhnliche Pfirsiche. Für einen echten Bellini-Cocktail im Stil des Erfinders Cipriani ist das Mus des kleinen Weinbergpfirsichs also die ideale Grundsubstanz.

Werden die Früchte aber, was leider häufig geschieht, zu früh geerntet, sind sie einfach nur wässrig und fad, also ihr Geld nicht wert. Ein weiterer Nachteil ist ihre Hinfälligkeit: Schon nach wenigen Tagen schrumpeln sie zu pelzigen Knäueln zusammen.

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