Designierter US-Außenminister Kerry im Senat:Frotzeleien zwischen Gegnern

John Kerry spricht mit John McCain

Der designierte US-Außenminister und Demokrat John Kerry und der Republikaner John McCain

(Foto: AFP)

Es ist üblich, dass US-Senatoren künftige Minister bei Anhörungen "grillen", sprich, peinlich genau befragen. Nicht aber bei John Kerry. Die Vorstellung von Präsident Obamas künftigem Außenamtschef gerät zum Beispiel dafür, wie persönliche Freundschaft den Graben zwischen Republikanern und Demokraten überwinden kann.

Von Oliver Das Gupta

Senator John McCains eigenwilliger Humor kam vor wenigen Tagen mal wieder zum Vorschein, als er über die Anhörung des designierten US-Außenministers John Kerry sprach. Man werde, sprach der Republikaner McCain, im Fall des Demokraten Kerry nur noch ein einziges Mal die Foltermethode Waterboarding wieder anwenden, "um die Wahrheit aus ihm herauszubekommen". Das Gelächter war groß, schließlich wussten alle, dass McCain als Kriegsgefangener in Vietnam gefoltert worden war und darum solche Torturen strikt ablehnt.

Spätestens nach diesen Worten des knorrigen Senators war klar, dass der Auftritt Kerrys im Auswärtigen Ausschuss der noblen Washingtoner Parlamentskammer milde ausfallen würde. Und so kam es: Anders, als es bei Minister-Nominierungen üblich ist, setzten die Senatoren ihren Noch-Kollegen nicht unter Druck. Sie nahmen ihn nicht ins Kreuzverhör, sie "grillten" Kerry nicht. Und das in einer Zeit, in der sich Republikaner und Demokraten in Washington und im übrigen Land spinnefeind sind. Wo Konservative und Rechte kaum eine Gelegenheit auslassen, um Obamas Parteifreunden an den Karren zu fahren.

Beispiel für persönliche Freundschaft

Nicht so bei John Kerry. Seine Anhörung ist die erste für einen Ministerposten in der zweiten Amtszeit von US-Präsident Barack Obama, und sie läuft glatt. Sowohl Demokraten als auch Republikaner unterstützten während des Bestätigungsverfahrens die Nominierung.

Die Vorstellung von Amerikas künftigem Außenamtschef gerät zum Beispiel dafür, wie persönliche Freundschaft den Graben zwischen Republikanern und Demokraten überwinden kann: die Freundschaft zwischen Kerry und McCain. Mit lobenden Worten pries McCain seinen langjährigen Kollegen im Senat, als ob er sein Parteigänger wäre. Kerry werde das Amt des Außenministers "mit Auszeichnung" ausfüllen, erklärte McCain. Mit seiner "Beharrlichkeit" werde er die Interessen der USA voranbringen. "Seine persönlichen Qualitäten passen sehr gut zur Position", sagte der republikanische Präsidentschaftskandidat von 2008. Er lobte die Arbeit des Vietnam-Veteranen Kerry bei der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit dem südostasiatischen Land, für die auch McCain sich eingesetzt hatte. McCain klang bei seinem Statement bisweilen so, als ob er eine Nominierungsrede für Kerry halten würde.

Natürlich durfte auch hier ein Gag nicht fehlen. Als er über seine Freundschaft zu Kerry sprach, zeichnete McCain die Parallelen in den Lebenswegen der beiden ordenbehängten Kriegshelden nach. Als sie in der Navy dienten, "waren wir viel jünger, netter und attraktiver, als wir es jetzt sind", witzelte McCain.

Als Kerry mit dem Reden an der Reihe war, nahm er McCains Witz auf: "Ich habe noch nie eine vornehmere und besser aussehende Gruppe von Amtsträgern in meinem Leben gesehen", sagte er und lachte dabei.

Höhepunkt von Kerrys Karriere

Dann folgte eine Tour d'Horizon des 69-jährigen Senators. Er versprach, als Chefdiplomat Antworten auf die globalen Herausforderungen zu suchen. "Die amerikanische Außenpolitik wird nicht alleine durch Drohnen und die Verlegung von Soldaten definiert", sagte Kerry vor dem Ausschuss, dem er bislang als Vorsitzender selbst angehörte. Eine Führungsrolle der USA müsse es auch bei "lebensbedrohlichen Fragen wie dem Klimawandel", in der Entwicklungspolitik sowie beim Einstehen für Freiheit und Demokratie geben.

Im Atomstreit mit Iran kündigte Kerry eine harte Linie an. "Wir werden tun, was wir müssen, um einen nuklear bewaffneten Iran zu verhindern", sagte Kerry. Die Zeit für Iran, mit der internationalen Gemeinschaft zu kooperieren, laufe ab. Im Verhältnis zu China wolle er sich für eine Stärkung der "entscheidenden" Beziehungen einsetzen. Außerdem mahnte er im Nahostkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern zur Eile: Die Tür für eine Zwei-Staaten-Lösung "könnte sich schließen".

Unterbrechung durch eine Anti-Kriegs-Aktivistin

Auch eine größere Haushaltsdisziplin der USA ist laut Kerry wichtig, damit das Land außenpolitisch gut dasteht. Es sei jedoch auch im amerikanischen Interesse, trotz der Schuldenkrise des Landes Hilfsprogramme für andere Staaten zu unterstützen. "Außenpolitik ist mehr als je zuvor auch Wirtschaftspolitik", erklärte er.

Kerry wurde unterbrochen von einer Kriegsgegnerin, die im Zuschauerraum lautstark gegen die US-Auslandseinsätze protestierte. Während die Frau hinausgeführt wurde, zollte ihr Kerry "Respekt" und erinnerte daran, dass er einst selbst gegen den Vietnamkrieg in Washington demonstriert hatte.

Nach seiner Wiederwahl hatte Obama Kerry als Kandidaten für die Nachfolge von Hillary Clinton vorgeschlagen, die für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung steht. Clinton selbst pries den langjährigen Senator aus Massachusetts bei der Anhörung als "die richtige Wahl, um die Außenpolitik der Regierung Obama fortzuführen".

Chuck Hagel wird deutlich kritischer gesehen

Für Kerry ist der Posten im Außenministerium der Höhepunkt seiner politischen Karriere, nachdem er bei der Präsidentschaftswahl 2004 gegen Amtsinhaber George W. Bush verloren hatte. Seine politische Laufbahn begann in Massachusetts, wo er 1982 zum stellvertretenden Gouverneur gewählt wurde. Zwei Jahre später schaffte er den Sprung in den Senat, wo er sich der Außenpolitik widmete. Als Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Beziehungen unternahm er seit 2009 für Obama Krisenmissionen unter anderem nach Pakistan und Afghanistan.

Am kommenden Donnerstag ist die Anhörung des Republikaners Chuck Hagel als designiertem Verteidigungsminister angesetzt. Er ist selbst in der eigenen Partei umstritten. Viele halten ihn für zu lasch im Atomkonflikt mit Iran - und für zu kritisch gegenüber Israel. Hagel saß wie Kerry viele Jahre im Senat, doch er darf nicht damit rechnen, derart hofiert zu werden wie der designierte Außenminister. Hagel wird "gegrillt".

Mit Material von dpa und AFP.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: