Rüstungspläne der Bundesregierung:Rot-Grün fordert Drohnen-Debatte

Die Regierung will Kampfdrohen kaufen - die Opposition fordert über die bewaffneten Flugroboter eine öffentliche und auch ethisch geführte Diskussion. Die SPD regt aber auch an: Wenn schon Drohnen, dann sollen die Europäer selbst welche bauen.

Von Martin Anetzberger und Oliver Das Gupta

Eine Drohne von Typ MQ-1 Predator der US Air Force Kampfdrohne

Kampf-Drohne von Typ "MQ-1 Predator" der US Air Force. Zivile Modelle ermöglichen auch Privatleuten eine Überwachung aus der Luft.

(Foto: dpa)

Die Debatte um den Kauf von Kampfdrohnen für die Bundeswehr ist neu entbrannt. Aus der Opposition im Bundestag gibt es einmütigen Widerstand gegen entsprechende Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung.

Die SPD sieht aktuell keine Notwendigkeit, die deutschen Streitkräfte mit den armierten Kampfrobotern auszurüsten. "Wenn die Bundesregierung im Hau-Ruck-Verfahren deren Kauf plant, macht sie einen großen Fehler", erklärte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold im Gespräch mit Südddeutsche.de. Die Bundeswehr habe "keine Fähigkeitslücke". Der Einsatz solcher Drohnen mache ohnehin nur Sinn in einer "sehr harten militärischen Auseinandersetzung", so Arnold. Deutschland gerate in einen solchen Konflikt nur im Verbund mit der Nato - und das Verteidigungsbündnis verfüge - dank der USA - über eine beträchtliche Anzahl bewaffneter Drohnen.

Außerdem forderte Arnold vor einer Kaufentscheidung eine breite öffentliche Debatte über den Einsatz solcher Drohnen. "Wir können das Ganze nicht losgelöst davon sehen, wie die Amerikaner solche Flugroboter einsetzen", sagte Arnold. "Alle Waffen sind eben nicht ethisch neutral, wie es Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière behauptet".

Ähnlich sehen die Grünen die Causa. Die Fraktionsspitze lehnt den Drohnenkauf ab und pocht darauf, die ethischen, rechtlichen und militärischen Fragen zu diskutieren. Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour forderte die Koalition auf, Klarheit zu schaffen. "Die Bundesregierung muss zügig den Bürgern reinen Wein einschenken, ob sie eine ehrliche und ergebnisoffene Diskussion über Kampfdrohnen möchte", sagte Nouripour zu SZ.de, "oder ob sie lieber vollendete Tatsachen schaffen will."

Deutlich mehr Drohnenangriffe durch die USA

Die USA haben die Zahl ihrer Drohnenangriffe seit dem Amtsantritt von Präsident Barack Obama 2009 drastisch gesteigert und damit das Terrornetzwerk al-Qaida sehr geschwächt. Vor allem Pakistan ist Ziel der Attacken. Obama genehmigte dort während seiner ersten Amtszeit fast 300 Drohnenangriffe. Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 haben die USA mit ferngesteuerten Drohnen nach UN-Angaben auch Terrorverdächtige in Afghanistan, dem Irak, Somalia und dem Jemen getötet. Die umstrittenen Angriffe sind ein Kernelement der amerikanischen Terrorabwehr-Strategie. Immer wieder sterben auch unbeteiligte Zivilisten bei den Luftschlägen.

Nach dem Jahrzehnt der großen Bodenkriege im Irak und in Afghanistan kündigte Obama Anfang 2012 in seiner neuen Verteidigungsstrategie an, dass die Bedeutung der Drohnen für das US-Militär noch zunehmen werde. Der als neuer CIA-Chef nominierte US-Politiker John Brennan ist ein Verfechter des CIA-Geheimprogramms zum Drohneneinsatz, das von Menschenrechtlern heftig kritisiert wird.

Auslöser der neuen Debatte war die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion, in der die Regierung ihre Position bekräftigte. Deren Abgeordneter Jan van Aken, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, befürchtet, dass die Bundesregierung "sich für die Drohnen nicht extra ein Mandat des Bundestags holen" werde, sondern diesen Einsatz in das bestehende Mandat einbinden will. Der Linke warnt davor, dass durch den möglichen Kauf die Gewalt automatisch wachsen kann. "Der Krieg wird durch Drohnen entgrenzt und enthemmt", sagte van Aken zu SZ.de. "Wer Maschinen für sich kämpfen lässt, entscheidet sich eher zum Angriff".

Lieber kein amerikanisches Modell

Verteidigungsminister und CDU-Politiker de Maizière hatte sich bereits im vergangenen Sommer für den Kauf bewaffneter Drohnen starkgemacht.

Bisher hat die Bundeswehr bis 2014 für den Afghanistan-Einsatz drei israelische Heron-Aufklärungsdrohnen geleast. Für die Zeit ab 2015 erwägt das Ministerium den Kauf von US-Drohnen des Typs Predator B, die sowohl Waffen tragen als auch Aufklärung leisten können. Alternativ wäre die Beschaffung des ebenfalls bewaffneten Heron-Nachfolge-Modells Heron TP möglich. Eine Entscheidung soll voraussichtlich im Frühjahr fallen. Zugleich loten Deutschland, Frankreich und Großbritannien Möglichkeiten zum Bau einer europäischen Drohne aus, die ab 2020 einsatzfähig sein könnte. Seit längerem gibt es Überlegungen zum Kauf von US-Drohnen.

SPD-Mann Arnold plädiert, wenn überhaupt, eigene Technik zu entwickeln. "Deutschland darf sich nicht unter Druck setzen lassen, vorschnell ein amerikanisches Modell zu kaufen", so Arnold, "denn darauf läuft es ja hinaus". Er wünsche sich, dass die europäische Rüstungswirtschaft selbst die Fähigkeit zum Bau von Drohnen habe, erklärte der Sozialdemokrat.

Noch besser fände Arnold eine andere Variante: "Wir sollten angesichts leerer Kassen das Geld lieber in gutes Personal und seine Ausbildung investieren".

Mit Material von Reuters.

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