Korruptionsskandal in Spanien:Merkel stützt Rajoy

Es geht um etliche Millionen Schwarzgeld auf Schweizer Konten: Auch beim Besuch bei Kanzlerin Merkel in Berlin verfolgt Spaniens Premier Rajoy der heimische Korruptionsskandal - dabei wollten die beiden Staatschefs eigentlich über ganz andere Dinge sprechen.

Von Daniel Brössler und Javier Cáceres, Berlin

Sie möchten über Europa sprechen, über den Weg aus der Krise und natürlich den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Als Angela Merkel und ihr spanischer Gast Mariano Rajoy im Kanzleramt zum Abschluss der 24. deutsch-spanischen Regierungskonsulationen vor die Presse treten, geht es in den Fragen dann aber doch fast ausschließlich um den Korruptionsskandal in Spanien. "Es gilt Meinungsfreiheit, aber ich habe schon am Samstag gesagt, dass die Vorwürfe gegen mich falsch sind", sagt der spanische Ministerpräsident, der erstmals seit dem Beginn der Affäre den Medien Rede und Antwort steht.

Am Samstag hatte er nur vor hohen Parteifunktionären der PP gesprochen. In Berlin sagt er nun, er bringe auch weiterhin "den Mut, die Kraft und die Entschlossenheit" auf, um eine der schwierigsten Krisen im Spanien der vergangenen 30 Jahre zu überwinden. Seine konservative Regierung sei stabil.

Ob ihr Vertrauen in den spanischen Ministerpräsidenten und die spanische Regierung erschüttert sei, wird Merkel gefragt. "Wir haben ein ganz vertrauensvolles Verhältnis", beteuert sie. Und lobt: "Ich habe den Eindruck, dass in Spanien die ganze Regierung einschließlich des Ministerpräsidenten dafür arbeitet, dass die Arbeitslosigkeit zurückgeht, dass die Strukturreformen wirken, dass Spanien wieder zu der Stärke findet, die dem Land angemessen sind." Parallelen der Affäre der spanischen Schwesterpartei zum CDU-Parteispendenskandal aus den Jahren 1999/2000, nach denen sie gefragt wird, will sie schon gar nicht ziehen. Sie habe schon alles gesagt, wiegelt sie ab. Doch in Spanien nimmt die Affäre rund um die Kassen der PP gerade erst so richtig Fahrt auf.

Es droht eine juristische Schlacht

Klar ist schon jetzt: Es droht eine juristische Schlacht. Die größte Oppositionspartei, die Sozialisten, wurden am Montag bei der Audiencia Nacional vorstellig, einem Sondergericht in Madrid, das für institutionelle Fragen zuständig ist. Ihren Sitz hat das Gericht in Madrid in der Straße Génova - schräg gegenüber von der Parteizentrale der PP. Dort steht dessen stellvertretender Generalsekretär vor der Presse und sagt, dass man "alle" verklagen wolle, die "falsche Behauptungen" über die Finanzen der Partei in Umlauf gebracht hätten. Dem Vernehmen nach soll dazu auch der frühere PP-Schatzmeister Luis Bárcenas gehören.

Am Samstag hatte Rajoy noch offen gelassen, ob er gegen seinen früheren Freund vorgehen wolle. In den Medien wurde dies als Indiz für eine mögliche Erpressbarkeit Rajoys gedeutet. Bárcenas ist die Schlüsselfigur. Ihm waren die handschriftlichen Aufzeichnungen zugeschrieben worden, die von der Zeitung El País veröffentlicht worden waren - und Rajoy in die Bredouille gebracht hatten. Bárcenas, der in seiner Zeit als PP-Funktionär ein sagenhaftes Vermögen angehäuft hat und in der Schweiz ein Konto unterhielt, auf dem zeitweise mehr als 20 Millionen Euro lagen, meldete sich auch am Montag zu Wort. Er bestritt, die Unterlagen seien eine "plumpe Fälschung".

Wer lügt? Das ist eine Frage, die Spanien noch eine Weile beschäftigen dürfte. Die europäischen Partner stützen die Iberer nach Kräften. Am Montag erklärte Währungskommissar Oliver Rehn in Brüssel, Spanien sei "in der Spur". Die "Reparatur und Reform" des spanischen Finanzsektors gehe schnell voran, sagte Rehn mit Verweis auf die zweite Überprüfung des Programms durch EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationalen Währungsfonds (IWF). Allerdings gab Rehn der Regierung in Madrid auch eine Warnung mit: Der Prozess müsse "wie geplant abgeschlossen und präzise umgesetzt werden".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: